Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

48 Die Ministerverantwortlichkeit in Bayern. 
Jeder der beiden Parteien steht das Recht zu, sechs Mitglieder des obersten 
Gerichtshofes abzulehnen. 
Gründe der Ablehnung dürfen nicht angegeben werden. Wenn sich der 
Präsident selbst unter den Abgelehnten befindet, oder auf andere Weise an der 
Ausübung seines Amtes gehindert ist, so tritt das im Range nachfolgende nicht 
abgelehnte Mitglied des obersten Gerichtshof an dessen Stelle. 
Als Richter treten von den nicht abgelehnten Räthen die sechs dem Dienste 
nach ältesten in den Staatsgerichtshof. 5% 
Die beiden im Dienstesalter nächstfolgenden werden als Ergänzungsrichter 
zu der Verhandlung beigezogen. 
Der Angeklagte und, wenn mehrere Angeklagte vorhanden sind, jeder der- 
selben ist berechtigt, sich so viele Vertheidiger zu wählen, als ihm Anklagebevoll= 
mächtigte gegenüberstehen. 
Im Uebrigen unterliegt die Wahl der Vertheidiger keiner Beschränkung. 
Den Anklagebevollmächtigten stehen bei der ihnen übertragenen Vertretung 
der Anklage außer den ihnen im gegenwärtigen Gesetze eingeräumten Rechten 
alle gesetzlichen Befugnisse des Staatsanwaltes zu. 
Der Tag der Gerichtssitzung wird durch den Präsidenten in den Amtsblättern 
der Kreise bekannt gemacht. 
Zwischen dem Tage der Bekanntmachung und dem Tage der Gerichtssitzung 
müssen wenigstens vierzehn Tage in Mitte liegen. 
An die Anklagebevollmächtigten, den Angeklagten, die Geschworenen, Zeugen 
und Sachverständige erläßt der Präsident besondere Ladungen. 
Nur solche Zeugen und Sachverständige können vorgeladen werden, deren 
Vernehmung die Anklagebevollmächtigten oder der Angeklagte wenigstens acht 
Tage vor Eröffnung der Sitzung beantragt, und deren Namen, Stand und 
Aufenthaltsort sie sich in derselben Zeit durch Vermittelung des Präftdenten 
gegenseitig bekannt gegeben haben. 
An dem festgesetzten Tage geht die Verhandlung und Mdurtheilung des An- 
geklagten durch die Geschworenen selbst dann vor sich, wenn der Angeklagte der 
gehörigen Vorladung ungeachtet ausgeblieben sein sollte. 
Sind von den geladenen Geschworenen nicht wenigstens dreißig erschienen, 
so ist die Sitzung zu vertagen, und die ausgebliebenen Geschworenen sind vom 
Gerichtshofe außer den bestimmten Geldstrafen in die Kosten der vereitelten 
Sitzung zu verurtheilen. 
Jeder Geschworene, welcher auf die Ladung weder erschienen ist, noch sein 
Ausbleiben auf zulängliche Weise entschuldigt, oder sich vor dem Schlusse der 
Sitzung wieder eigenmächtig entfernt hat, verfällt in eine Geldstrafe von 100 
bis 500 Gulden. 
Die geführten Akten werden in das Archiv des obersten Gerichtshofes ab- 
geliefert. 
Wenn jedoch gegen den Angeklagten wegen zusommentrefzender gemeiner 
oder Amtsverbrechen ein weiteres Strafverfahren eingeleitet oder ein Entschädi-
	        
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