Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

62 Die Ministerverantwortlichkeit in Griechenland. 
oder b., wenn er ein vom kompetenten Minister nicht unterschriebenes König 
liches Dekret ausgeführt oder auch die Ausführung desselben angeordnet hat, 
oder c., wenn er einen Erlaß oder Anordnung, wodurch eine Verordnung 
der Konstitution oder der Gesetze oder der unter Zustimmung der gesetzgebenden 
Macht erlassenen Königlichen Dekrete verletzt wird, erlassen oder ausgeführt oder 
auch die Ausführung derselben angeordnet hat, 
oder d., wenn er eine Verordnung der Konstitution oder der Gesetze oder 
der unter Bestimmung der gesetzgebenden Macht erlassenen Königlichen Dekrete 
auszuführen oder die Ausführung derselben anzuordnen unterlassen hat, 
oder e., wenn er zur Sanktionirung einer solchen Handlung zu einem Staats- 
gesetze, welche nicht von der Kammer nach dem in der Konstitution über Gesetz- 
gebung vorgeschriebenen beschlossen wurde, unterschrieben, oder eine ähnliche 
Handlung veröffentlicht oder die Ausführung derselben angeordnet hat. 
Art. 2. Ein Minister wird ebenfalls vor demselben Spezialgerichtshofe ver- 
klagt, wenn er während seiner Amtsthätigkeit · 
entweder a. eine Strafverordnung der bestehenden Gesetze verletzt hat, 
oder b. wenn er, ohne eine ausdrückliche Verordnung der Konstitution oder 
der Gesetze oder der unter Zustimmung der Kammer erlassenen Königlichen De- 
krete zu verletzen, mit Absicht durch eine Handlung oder aus Unterlassen einer 
solchen den Staatsinteressen Schaden zugefügt hat. 
Art. 3. Ein Minister, der an den oben erwähnten Vergehen nicht theilge- 
nommen, ist nichtsdestoweniger als ein Mitschuldiger verantwortlich, wenn er dazu 
seine Zustimmung in einer Handlung des Ministerconseils, welche seine Unter- 
schrift trägt, ertheilt hat. 
Art. 4. Die Vergehen eines Ministers, die zu seinen öffentlichen Pflichten 
in keinerlei Verhältniß stehen, fallen nicht unter die Bestimmungen des vorliegen- 
den Gesetzes. 
II. Theil. Strafen. 
Art. 5. Der eines von den im Art. 1 erwähnten Vergehen schuldig Erklärte, 
wenn er mit Absicht gehandelt hat, wird mit einer Haftstrase von 6 Monaten 
bis zu 2 Jahren und mit Verlust der in den Art. 21 und 23 des Strafgesetzes 
erwähnten Rechte auf 2 — 10 Jahre bestraft. 
Wenn er aus unentschuldbarer Nachlässigkeit gehandelt hat, wird er mit einer 
Haftstrafe von höchstens 6 Monaten und mit Verlust der im Art. 24 der Straf- 
gesetze erwähnten Rechte auf 2—5 Jahre, dazu aber auch mit Verlust des Rechts, 
als Mitglied eines Stadt-, Bezirks= oder Provinzialrathes oder der Kammer ge- 
wählt zu werden, bestraft. 
Art. 6. Der eines von den im Art. 2, Abs. a. erwähnten Vergehen schuldig 
Erklärte wird mit der in den Strafgesetzen bestimmten Strafe außer der Todes- 
strafe, siatt welcher aber im Fall eines politischen Verbrechens die lebenslängliche 
Gefängnißstrafe treten kann, bestraft. Die Verurtheilung bringt auch den Verlust 
der in den Art. 21 und 23 des Strafgesetzes erwähnten Rechte mit sich.
	        
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