Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 254. 
Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs 
trtt mit dem Zeitpunkte ein, in welchem der Anspruch in der mündlichen Ver= 
handlung geltend gemacht wird. 
§. 255. 
Jede Partei hat unter Bezeichnung der Beweismittel, deren sie sich zum 
Nachweise oder zur Widerlegung thatsächlicher  Behauptungen bedienen will, den 
Beweis anzutreten und über die von der Gegenpartei angegebenen Beweismittel 
sich zu erklären. 
In Betreff der einzelnen Beweismittel wird die Beweisantretung und die 
Erklärung auf dieselbe durch die Vorschriften des sechsten bis zehnten Titels 
bestimmt. 
§. 256. 
Beweismittel und Beweiseinreden können bis zum Schlusse derjenigen 
mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, geltend gemacht werden. 
Auf das nachträgliche Vorbringen von Beweismitteln und Beweiseinreden 
findet die Vorschrift des §. 251 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 
§. 257. 
Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahme= 
verfahrens durch Beweisbeschluß wird durch die Vorschriften des fünften bis elften 
Titels bestimmt. §. 258 
Ueber das Ergebniß der Beweisaufnahme haben die Parteien unter Dar= 
legung des Streitverhältnisses zu verhandeln. 
Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozeßgericht erfolgt, so haben 
die Parteien das Ergebniß derselben auf Grund der Beweisverhandlungen vor= 
zutragen. 
§. 259. 
Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesammten Inhalts der Ver= 
handlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier 
Ueberzeugung zu entscheiden, ob eine thatsächliche Behauptung für wahr oder 
für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urtheile sind die Gründe anzugeben, 
welche für die richterliche Ueberzeugung leitend gewesen sind. 
An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz 
bezeichneten Fällen gebunden. 
§. 260. 
Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei, und wie 
hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet 
hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung. 
Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amtswegen die 
Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des 
Gerichts überlassen. Das Gericht kann anordnen, daß der Beweisführer den
	        
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