Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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1. wenn zur Ausmittelung der Wahrheit die Vernehmung des Zeugen 
an Ort und Stelle dienlich erscheint; 
2.  wenn die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht erheblichen Schwierig= 
keiten unterliegen würde; 
3. wenn der Zeuge verhindert ist, vor dem Prozeßgerichte zu erscheinen; 
4. wenn der Zeuge in großer Entfernung von dem Sitze des Prozeß= 
gerichts sich aufhält. 
Die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie 
die Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern sind durch ein Mitglied 
des Prozeßgerichts oder durch ein anderes Gericht in ihrer Wohnung zu ver= 
nehmen. 
 
 
§. 341. 
Oeffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen 
über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, 
als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der 
ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden. Für den 
Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaisers, für die Minister der Ge= 
nehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hanse= 
städte der Genehmigung des Senats. 
Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des 
Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachtheil bereiten 
würde. 
Die Genehmigung ist durch das Prozeßgericht einzuholen und dem Zeugen 
bekannt zu machen. 
§. 342. 
Die Ladung der Zeugen ist von dem Gerichtsschreiber unter Bezugnahme 
auf den Beweisbeschluß auszufertigen und von Amtswegen zuzustellen. 
Die Ladung muß enthalten: 
1. die Bezeichnung der Parteien; 
2. die Thatsachen, über welche die Vernehmung erfolgen soll 
3. die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der 
durch das Gesetz angedrohten Strafen in dem nach Zeit und Ort zu 
bezeichnenden Termine zu erscheinen. 
§. 343. 
Die Ladung einer dem aktiven Heere oder der aktiven Marine ange= 
hörenden Person des Soldatenstandes als Zeuge erfolgt durch Ersuchen der Mi= 
litärbehörde. 
§. 344. 
Das Gericht kann die Ladung davon abhängig machen, daß der Beweis= 
führer einen Vorschuß zur Deckung der Stantzkasse wegen der durch die Ver= 
nehmung des Zeugen erwachsenden Auslagen hinterlegt.
	        
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