Das Edikt vom 17. Februar 1820. 49
sämmtliche, ihm zugekommene Anzeigen der Vormund-
schaft zu ihrer Rechtfertigung vollständig mitzutheilen,
und — jedoch mit Vorbehalt der, für das Intresse des
Minderjährigen etwa erforderlichen conservatorischen
Maasregeln — nur dann, wenn es diese Rechtfertigung
unzureichend finden sollte, mittelst förmlichen Beschlusses
eine obervormundschaftliche Untersuchung anzuordnen, bei
welcher die Vorlage der gewöhnlichen Verwaltungs-
Rechnungen, und, nach Umständen, förmliche Rechnungs-
Ablage über die bisherige vormundschaftliche Verwaltung
verlangt werden kann.
Anonyme Anzeigen und Beschwerden über Mängel in
der vormundschaftlichen Verwaltung hat Unser Ober-
appellations-Gericht niemals zu berücksichtigen.
i.) Findet sich ein gegründeter Anstand bei der Bestätigung
des testamentarischen oder vertragsmäßigen Vormunds,
weil dieser in irgend einer Hinsicht offenbar unfähig ist,
die Vormundschaft zu führen, oder wenigstens sie allein
zu bestreiten, so hat Unser Oberappellations-Gericht
entweder einen andern Vormund aus der Klasse der
Standesgenossen zu ernennen, oder, nach Befinden, dem
ernannten einen Mitvormund aus derselben Klasse bei-
zuordnen. «
k.) Eben dieses ist der Fall bei der tutela legitima, wenn
dem, zur Vormundschaft berechtigten Agnaten erhebliche
Ausstellungen entgegenstehen.
1.) In dergleichen Fällen hat übrigens Unser Oberappellations-=
Gericht, bei der Anstellung eines neuen oder Mitvor-
mundes, vorzüglich auf die nächsten dazu gqualificirten
Verwandten der Minderjährigen Rücksicht zu nehmen,
und diese nur aus erheblichen Gründen zu übergehen.
#m.) Ist endlich kein tutor pactitius, testamentarius, oder S. 133.
legitimus vorhanden, so haben die, zur Verwaltung des
standesherrlichen Vermögens angestellten Behörden, von
dem Falle, welcher die Anordnung einer Vormundschaft
nöthig macht, Unserem Oberappellations-Gericht unver-
weilt Anzeige zu thun, und dieses hat alsdann, nach den
eintretenden Umständen, aus der Zahl der inländischen
Standesgenossen den Vormund zu ernennen und zu ver-
pflichten, auch alle deshalb weiter erforderliche Vorsehung
zu treffen, damit die Obsorge über die Minderjährigen,
Deutsche Staatsgrundgesetze. VIII. 2. 2. Aufl. 4