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nun die thatsächlichen Verhältnisse ohnehin in den meisten Fällen dazu führen
müssen, den Vorsitz in Gewerbegerichten an Mitglieder der ordentlichen Gerichte
zu übertragen, so erschien es den Ausschüssen zweckmäßig, die Gewerbegerichte
im Gesetze selbst in eine positive Verbindung mit den ordentlichen Gerichten zu
setzen. Hierdurch erlangen die Gewerbegerichte auf die einfachste Weise die ent-
sprechenden Mittel zur Entfaltung ihrer Wirksamkeit; es wird ferner eine Garantie
für den geeigneten Vollzug der über das Verfahren gegebenen besonderen Be-
stimmungen geschaffen und die Möglichkeit eröffnet, die durch die Natur der
Sache gebotene Unvollständigkeit zu heben; dadurch werden die mehrfach her-
vorgetretenen Bedenken wesentlich gemindert und die Kostenfrage, welche nach
den gesetzlichen Bestimmungen zu mancherlei Schwierigkeiten Anlaß bieten könnte,
zweckmäßig geregelt. Von diesen Erwägungen ausgehend, beantragten die Aus-
schüsse in ihrer Mehrheit, die drei ersten Absätze des § 108 a durch folgende
Bestimmungen zu ersetzen: „Die Gewerbegerichte werden mit den für die Ver-
handlung und Entscheidung der geringfügigsten Rechtsstreite zuständigen ordent-
lichen Gerichten erster Instanz verbunden und bestehen aus einem Richter als
Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Ist das ordentliche Gericht mit mehreren
Richtern besetzt, so werden ein oder mehrere Richter desselben dauernd für das
Gewerbegericht ernannt. Für einzelne Gerichte kann bestimmt werden, daß all-
gemein oder für gewisse Arten von Schwierigkeiten eine größere Zahl von Bei-
sitzern zuzuziehen ist.“ — Diesen Anträgen entsprechend erfuhren auch die Be-
stimmungen über das Verfahren vor den Gewerbegerichten eine Reihe von
Abänderungen. Die für die Gewerbegerichte geltenden Bestimmungen sollten
auch für das Verfahren und die Urteile der Gemeindebehörden und deren Depu-
tationen in gewerblichen Streitigkeiten gelten. Diese Behörden und Deputationen
sollten berechtigt sein, Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen und
überhaupt alle den ordentlichen Gerichten hinsichtlich der Beweisaufnahme zu-
stehenden Befugnisse auszuüben. Die Urteile und Vergleiche derselben sind in
gleicher Weise wie die Urteile und Vergleiche der Gewerbegerichte zu vollstrecken.
Die Rechtshilfe war ihnen wie den Gewerbegerichten zu gewähren.
Was die Bestrafung des Kontraktbruchs betrifft, so sollte dieselbe auch auf
diejenigen Arbeiter Anwendung finden, welche außerhalb der Fabrikstätten für
Fabrikinhaber arbeiten. Anträge, den Kontraktbruch nur dann mit Strafe zu
bedrohen, wenn durch denselben eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen
Ordnung stattfindet, wurden seitens der Majorität der Ausschüsse abgelehnt.
Die Majorität erachtete das Vorhandensein einer Gefahr für das Gemeinwohl
und damit einen genügenden Grund für Erlaß eines Strafgesetzes in der That-
sache gegeben, daß nach Beseitigung der früheren strafrechtlichen Bestimmungen
die Zuchtlosigkeit in den Arbeiterkreisen in einer nicht bloß für die Nächstbeteiligten,
sondern auch für den Staat bedrohlichen Weise überhand genommen habe.
Abgelehnt wurde ferner der Antrag, auch die Kontraktbrüchigkeit der Lehrlinge