Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Schutz der in Fabriken beschäftigten Frauen und Minder- 
jährigen. Inmitten der tiefgehenden Bewegung, welche auf dem Gebiet der 
wirtschaftlichen Verhältnisse der arbeitenden Klassen stattfand, hatte die Regierung 
ihre Aufgabe jederzeit darin erkannt, unter Aufrechterhaltung des Grundsatzes 
der freien Entfaltung der Erwerbsthätigkeit, einerseits schützend einzutreten, wo 
die freie Verwertung der Arbeitskraft behindert oder gelähmt wird, andererseits 
dem Mißbrauch der gewährten Freiheit zu wehren und durch wohlwollende 
Unterstützung alle Bestrebungen zu fördern, welche aus dem wirtschaftlichen 
Leben des Volkes heraus gegen die Uebelstände einer schrankenlosen gewerblichen 
Entwicklung ankämpfen. In dieser Richtung hatte namentlich der Schutz der 
Frauen und Minderjährigen, welche in Fabriken beschäftigt sind, bereits in der 
preußischen Gewerbegesetzgebung besondere Beachtung gefunden, und die durch 
Erfahrung bewährten Grundsätze derselben sind auch in der Gewerbeordnung 
für das Deutsche Reich aufgenommen worden. Die Reichsbehörden hatten den 
gewerblichen und sogenannten sozialen Fragen in den letzten Jahren fortgesetzt 
eingehende Erwägungen gewidmet und die Mittel und Wege in Betracht ge- 
zogen, durch welche von seiten des Staates die Beseitigung wirklicher Notstände 
in den Arbeiterklassen gefördert werden kann. 
Infolge einer Anregung des Reichstags aus dem Jahre 1873 beschäftigte 
sich der Bundesratsa usschuß für Handel und Verkehr mit der Frage, inwie- 
weit ein Bedürfnis zur Anstellung von Erhebungen über Angemessenheit und 
Notwendigkeit eines gesetzlichen Schutzes der in Fabriken beschäftigten Frauen 
und Minderjährigen gegen sonntägliche Arbeit sowie gegen übermäßige Be- 
schäftigung un den Werktagen bestehe. 1) Die darauf bezüglichen Verhandlungen 
führten zu Anträgen an den Bundesrat, dahingehend: „1. Der Bundesrat wolle 
sich damit einverstanden erklären, daß, der Resolution des Reichstags vom 
30. April 1873 entsprechend, zur Erörterung der Frage über die Angemessen- 
heit und Notwendigkeit eines gesetzlichen Schutzes der in Fabriken beschäftigten 
Frauen und Minderjährigen gegen sonntägliche Arbeit, sowie gegen übermäßige 
Beschäftigung an den Werktagen Erhebungen angestellt werden; 2. die Bundes- 
regierungen seien zu ersuchen, diese Erhebungen durch die ihnen geeignet erscheinenden 
Organe baldigst pflegen zu lassen und die Resultate seiner Zeit dem Reichskanzler- 
Amt in übersichtlicher Zusammenstellung mitzuteilen; 3. zu diesem Behuf sei 
das Reichskanzler-Amt zu ersuchen, auf der Grundlage der in Nr. 147 der 
Drucksachen des Bundesrats von 1873 enthaltenen Gesichtspunkte nach etwaiger 
Zuziehung von Sachverständigen, im Benehmen mit dem Ausschuß für Handel und 
1) Bereits im Sommer 1873 war dem Bundesrat eine hierauf bezügliche Vorlage 
zugegangen; dieselbe bezog sich auf Erhebungen, welche die preußische Regierung auf diesem 
Gebiete gemacht hatte, umfaßte die Grundsätze, von denen die Reichsregierung ausgehen 
wollte und stellte anheim, gegenüber der bezüglichen Resolution des Reichstags, die ganze 
Frage durch ein Enquéêteverfahren zu regeln. 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 7
	        
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