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Ueber den Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten bemerkte Bismarck
im Reichstag am 4. Dezember 1874 in Erwiderung auf die Angriffe des
bayerischen Zentrumsabgeordneten Jörg: „Der Ausschuß besteht in voller Wirk-
samkeit, er führt die achte Nummer der verschiedenen Ausschüsse und er besteht
aus dem Königlich bayerischen Minister v. Pfretzschner, dem Königlich sächsischen
Minister v. Friesen, dem Königlich württembergischen Gesandten v. Spitzemberg,
dem Großherzoglich badischen Minister v. Freydorf und dem Großherzoglich
mecklenburg-schwerinschen Vertreter v. Bülow; also daraus wird der Herr Ab-
geordnete entnehmen, was er wahrscheinlich wohl schon ohnehin gewußt hat,
daß der Ausschuß zu Recht besteht und zusammentritt, so oft eines der Mit-
glieder auf Berufung anträgt, respektive der Königlich bayerische Gesandte ihn
beruft. Das ist vielleicht schwierig, wenn der Bundesrat überhaupt nicht ver-
sammelt ist; gewiß wäre es auch dann thunlich, und der Ausschuß wird zu-
sammentreten, so oft das Bedürfnis dazu vorliegt. Daß dieses Bedürfnis nicht
häufig eintritt, dafür sorgt das Auswärtige Amt, indem es die verbündeten
Regierungen durch metallographische Abschriften der wichtigeren Depeschen und
durch Mitteilung der Ergebnisse auf dem diplomatischen Gebiete weit über seine
dienstlichen Verpflichtungen hinaus, und, soviel ich habe erkennen können, unter
voller Anerkennung der verbündeten Regierungen, auf dem Laufenden erhält."
Die „Nat.-Ztg.“ (Nr. 242 vom 28. Mai 1874) konstatierte bei Anregung
des Gedankens der Einrichtung eines Kabinetssekretärs für den Reichskanzler, die
parlamentarische Vertretung des Reichskanzlers durch die Mitglieder des Bundes-
rats habe wiederholt zu wünschen übrig gelassen. Diese Thatsache wird nicht
geleugnet werden können. Die Ursache liegt in dem Umstande, daß es nur
wenig Bevollmächtigte zum Bundesrat giebt, welche die parlamentarische Lauf-
bahn an den Bundesratstisch geführt hat. 1)
Im Laufe der Beratung des Preßgesetzes gab der Präsident des Reichs-
kanzler-Amts, Staatsminister Delbrück die prinzipiell wichtige Erklärung ab, daß
die Regierungen in der Regel nicht schon auf Grund der Beschlüsse einer
Kommission, sondern erst nach der zweiten Lesung im Reichstage selbst Anlaß
haben, sich über die Annehmbarkeit der gefaßten Beschlüsse zu entscheiden. „Bis
1) Es ist auch ganz unmöglich — bemerkte die „Nat.-Ztg.“ a. a. O. — in einer
Staatsverwaltung, wo die Gesetzgebung und die Kritik der Ausführung derselben sich in
einem großen parlamentarischen Körper konzentrirt, anders als mit parlamentarisch ge-
schulten Männern an der Spitze der Verwaltungszweige auszukommen, denen dann ganz
nach englischer Weise in der Branche selber aufgediente ständige Beamte zur Seite zu treten
haben. Aus dem Reichstage sind verschiedene Beispiele in lebendiger Erinnerung, wo es
die Sache entgelten mußte, daß ihre Vertretung vor der parlamentarischen Zuhörerschaft
zu sehr die noch so anerkennenswerte Arbeit und Vortragsart des grünen Tisches zum
mühsamen Ausdruck brachte. In einem andern Sinne, als der gewöhnlich damit verbundene,
galt hier die Forderung: In verbis simus faciles!