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des Bundesrats stattgefunden haben, ist von einigen der verbündeten Regierungen
die Errichtung einer Reichsbank als eine Maßregel bezeichnet worden, welche
als der sofort in Angriff zu nehmende oder für eine möglichst nahe Zukunft
ins Auge zu fassende Abschluß der Bankgesetzgebung zu betrachten sei. Nach-
dem die erste Beratung des Gesetzentwurfs im Reichstage ergeben hat, daß die
Errichtung einer Reichsbank durch Umwandlung der Preußischen Bank in ein
Reichsinstitut die Mehrheit des Reichstags für sich haben werde, hat die Königlich
preußische Regierung Vorschläge gemacht über die Mittel und Wege, welche nach
ihrer Ansicht zur Erreichung des Ziels geeignet sein würden, und hat diese
Vorschläge unterm 25. v. M. 1) zur Kenntnis der verbündeten Regierungen
gebracht. Bei der heute stattfindenden Beratung der Angelegenheit ergab sich,
daß die sämtlichen Bundesregierungen im allgemeinen mit der Errichtung einer
Reichsbank und Erreichung dieses Zieles durch die Umwandlung der Preußischen
Bank in eine Reichsbank einverstanden sind, und daß die dieserhalb von der
Königlich preußischen Regierung gemachten Vorschläge im allgemeinen als geeignete
Grundlage für eine Verständigung mit derselben erachtet werden." Die Bevoll-
mächtigten für Oldenburg und Bremen konnten in letzterer Beziehung eine Erklärung
nicht abgeben. Der Gegenstand wurde hierauf im allseitigen Einverständnisse den
Ausschüssen für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen überwiesen.
Am 16. Dezember 1874 beschloß der Bundesrat mit großer Mehrheit, in
die Errichtung einer Reichsbank in Verbindung mit dem Bankgesetz einzuwilligen,)
1) In der erwähnten Mitteilung vom 25. Nov. 1874 war ausdrücklich konstatirt, daß
die Feststellung der Bestimmungen über die Organisation der Reichsbank dem Bundesrate
selbst vorbehalten bleiben möge. Preußischerseits waren in dieser Hinsicht nur einige nahe-
liegende Vorbehalte gemacht, u. a. in dem Sinne, daß bei der selbstverständlichen Erhöhung
des Grundkapitals und der daraus folgenden Erhöhung des Normalsatzes für die Ausgabe
von ungedeckten Banknoten der nach der früheren Vorlage auf die preußischen Pro-
vinzialbanken entfallende Anteil einer Reduktion nicht unterliegen solle; ferner über die Auf-
bringung des Bankkapitals 2c. Die preußischen Vorschläge bezüglich der Entschädigungsfrage
wurden, wie die „Weser Zig.“ meldete, von den Ausschüssen unverändert, aber nicht, wie von
anderer Seite behauptet worden, „ohne Widerspruch“, sondern nur per majora angenommen.
2) Die hamburgische Regierung ließ erklären, sie gehe davon aus, die Reichsbank
werde derartig organisirt werden, daß dem Handelsstande, nicht etwa den zufälligen Anteils-
eignern, in geeigneter Weise ein maßgebender Einfluß auf dieselbe gesichert, und daß an
einigen Hauptplätzen (etwa in Hamburg. Leipzig und München) große, möglichst selbständig
gestellte Bankcomptoire errichtet würden. Das erstere wäre zu bewerkstelligen durch einen
der Zentralbank-Direktion in Berlin zur Seite zu stellenden Ausschuß von Mitgliedern des
Handelsstandes, und zwar nicht allein aus Berlin, sondern auch aus andern Plätzen, welcher
Ausschuß sich regelmäßig — vielleicht allmonatlich — versammeln, von der ganzen Ver-
waltung Einsicht nehmen und zu allen wichtigen Beratungen hinzugezogen werden müßte.
Hinsichtlich des zweiten Erfordernisses würde in Betracht zu ziehen sein, ob nicht bei der
Leitung der Hauptcomptoire dem Handelsstande der betreffenden Plätze eine Beteiligung
einzuräumen ist. Vgl. auch die „Nat.-Ztg.“ Nr. 587 v. 17. 12. 74, Nr. 3 v. 3. 1. 75
u. Nr. 5 v. 5. 1. 75.