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Einleitungen treffen, wenn eine solche Ansicht im Reichstage ausgesprochen
werde.
In der Bundesratssitzung vom 10. Dezember 1874 wurde ein Gesetz fest—
gestellt, welches ganz im Sinne des vom Abgeordneten Lasker im Reichstage
gestellten Antrages dem letzteren die Befugnis einräumte, über einen Gesetz-
entwurf von ungewöhnlich großem Umfang nach Abschluß der ersten Beratung
unter Zustimmung des Bundesrats zu beschließen, daß der Entwurf einer Kom—
mission zur Vorberatung überwiesen, die Verhandlung des Reichstags in der
nächsten Session derselben Legislaturperiode fortgesetzt und in der Zwischenzeit
die Vorberatung der Kommission begonnen oder fortgesetzt werde. Der Geschäfts-
ordnung des Reichstags blieb vorbehalten, die Regeln über die Zusammen-
setzung und die Wahl der Kommission sowie die durch den Beschluß bedingten
Regeln des Verfahrens in dem Reichstag und in der Kommission festzustellen.
Für die zwischen einer und der anderen Session abgehaltenen Sitzungen der
Kommission sollten deren Mitglieder Ersatz der Reisekosten und außerdem Diäten
erhalten, deren Höhe bis zu gesetzlicher Feststellung durch den Reichskanzler
festgesetzt wurde.
In der Sitzung des Bundesrats vom 12. Dezember 1874 sprach bei der
Beschlußfassung über den Gesetzentwurf, betreffend die geschäftliche Behandlung
der Entwürfe eines Gerichtsverfassungsgesetzes, einer Strafprozeßordnung und
einer Zivilprozeßordnung sowie der zugehörigen Einführungsgesetze, der badische
Bevollmächtigte, Wirkliche Geheime Rat von Freydorf die Erwartung aus,
daß vor der endgiltigen Beschlußnahme des Reichstags über die in Rede
stehenden Gesetzentwürfe der Entwurf einer Konkursordnung im Bundesrat
werde festgestellt sein und die Beratung derselben der einzusetzenden Kommission
werde übertragen werden können. Bezüglich der Entschädigung für die Kom-
missionsmitglieder teilte Präsident Delbrück mit, daß dieselbe nach eingezogenen
Erkundigungen den Wünschen des Reichstags entspreche.
Gesetz vom 21. Dezember 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 194).
Deutsche Konkursordnung. 1) In der Sitzung vom 7. Februar 1874
wählte der Bundesrat die Mitglieder der durch Beschluß des Bundesrats vom
21. Dezember 1873 berufenen Kommission für die Vorberatung des Entwurfs
einer deutschen Gemeinschuldordnung.2) Die Verhandlungen der Kommission
wurden am 16. März 1874 durch den Präsidenten des Reichskanzler-Amts,
Staatsminister Delbrück eröffnet. Den Vorsitz in der Kommission führte der
Präsident des Königlich bayerischen obersten Gerichtshofes Dr. v. Neumayr.
1) Vgl. Bd. 1. S. 356 ff.
2) Die Namen findet man mitgeteilt in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 66 v. 9. 2. 74 und
in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 34 v. 10. 2. 74 u. Nr. 65 v. 18. 3. 74; Nachricht über
die Arbeiten der Kommission in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 297 v. 30. 6. 74.