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Bemerkung, daß bezüglich der Erhebungen für die Medizinalstatistik in den einzelnen
deutschen Staaten eine solche Mannigfaltigkeit stattfände, daß die Gewinnung
eines Gesamtbildes auf dieser Basis kaum möglich erscheine. Die Resultate der
Erhebungen für die Zwecke der Wissenschaft wie für die Lösung der medizinal-
polizeilichen Aufgabe seien nur in geringem Grade verwendbar. Es erscheine
daher als unzweifelhaft wünschenswert, eine Medizinalstatistik für das Deutsche
Reich einzurichten, durch welche die Ermittelungen einheitlich geregelt werden
können. Der Umfang dieser Statistik werde jedoch schon deshalb ein mäßiger
sein müssen, weil im Hinblick auf die bestehenden Einrichtungen und die jetzt
verfügbaren Organe zuverlässige Resultate nur in Bezug auf einzelne Momente
ohne unverhältnismäßige Kosten sich erreichen lassen würden. Deshalb wurde
befürwortet, die in Aussicht genommene Statistik zuvörderst wesentlich ein-
zuschränken. Zur Vorbereitung der Organisation einer Medizinalstatistik wurde
eine Kommission vorgeschlagen, welche aus sieben Sachverständigen verschiedener
Bundesstaaten bestehen sollte.
Nachdem der Bundesrat diese Anträge im wesentlichen gebilligt, auch die
Mitglieder der betreffenden Kommission ernannt hatte, 1) ließ der Reichskanzler
Mitte Februar 1875 dem Bundesrat die Protokolle und den Bericht der Kom-
mission zur Vorbereitung einer Reichs-Medizinalstatistik zugehen.)
Cholerabekämpfung.3) Infolge des von dem Bundesrat unterm
14. Dezember 1872 gefaßten Beschlusses, betreffend die Vorbereitung eines Ge-
setzes über gemeinsame Anordnungen zum Schutze gegen die Cholera, hatten sich
mehrere Bundesregierungen zur Sache geäußert. In der 13. Plenarsitzung des
Bundesrats teilte der Vorsitzende mit, daß eine weitere Bearbeitung der Sache
bislang deshalb unterblieben war, weil man einerseits das Material der Be-
ratungen der von Reichs wegen einberufenen Cholerakommission abwarten wollte,
andererseits aber die Beratungen des im September vorigen Jahres zu Wien
versammelt gewesenen medizinischen Kongresses die Eröffnung von Verhandlungen
zur Herbeiführung einer internationalen Vereinbarung über gleichmäßige Grund-
sätze für die Quarantänemaßregeln gegen die Cholera angeregt hatten. Diese
Verhandlungen würden voraussichtlich im Mai oder Juni d. J. ihren Anfang
nehmen und es solle auch deren Abschluß abgewartet werden, bevor eine weitere
Behandlung der Angelegenheit erfolgen könne.
Im September 1874 forderte der Reichskanzler den Bundesrat zur Be-
schlußfassung über die in Anregung gekommene internationale Vereinbarung
1) Notizen über die Bildung und den Zusammentritt der Kommission s. „Nat.-Ztg.“
Nr. 207 v. 6. 5. 74, 226 v. 18. 5. 74, 265 v. 11. 6. 74.
2) Analyse desselben in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 81 v. 18. 2. 75.
3) Vgl. Bd. II. S. 359.