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gleichmäßiger Grundsätze für die Quarantäne gegen die Cholera auf. 1) Die
bezügliche Vorlage knüpfte an den Gang und das Resultat der zu Wien kürzlich
abgehaltenen internationalen Sanitätskonferenz an, zu welcher als deutsche
Delegirte die Mitglieder der deutschen Cholerakommission, der Königlich bayerische
Obermedizinalrat Professor Dr. v. Pettenkofer und der Königlich preußische Uni-
versitätsprofessor Dr. Hirsch entsendet waren. Der Bundesrat beschloß unter
Annahme der Ausschußanträge die Einleitung von Verhandlungen über einen
entsprechenden Vertrag mit der österreichisch-ungarischen Regierung.
Der Bundesratsausschuß für Handel und Verkehr beschäftigte sich auch mit
dem Bericht der Reichskommission für Forschungen zur Bekämpfung der Cholera.
Diese Kommission hatte einen Plan ausgearbeitet, nach welchem die Untersuchungen
über die Entstehung und Bekämpfung der Cholera zu führen sein sollten. Es stellte
sich aber, wie aus dem Bericht des Ausschusses hervorgeht, heraus, daß dieser
an sich vortrefflich ausgearbeitete Plan zunächst nur für hervorragend tüchtige,
pflichteifrige und für die Wissenschaft begeisterte Sanitätsbeamte und Aerzte
berechnet und passend sei, während für die Mehrzahl der Aerzte seine Form
nicht kurz bestimmt und faßbar genug erscheine. Die Mitwirkung der letzt-
gedachten Kategorie von Aerzten könne aber nicht entbehrt werden, wenn das
Forschungsmaterial in der nötigen Vollständigkeit beschafft werden solle. Es
wurde deshalb ein in Bayern schon 1854 entworfenes Schema in Betracht
gezogen, welches dem Untersuchungsplan der Reichs-Cholerakommission anzupassen
wäre. Schließlich beantragte der Ausschuß:
Der Bundesrat wolle beschließen: 1) es seien die Bundesregierungen um
baldige Aeußerungen an das Reichskanzler-Amt zu ersuchen, ob und welche Vor-
schriften in ihren Gebieten über die Anzeigepflicht der Aerzte und Privatpersonen
bei dem Auftreten von Epidemien und insbesondere der Cholera bestehen, und
eventuell ob solche Vorschriften nötigenfalls im Wege der Sanitätsgesetzgebung
mit der erforderlichen Beschleunigung ins Leben gerufen werden können.
2) Die Bundesregierungen sowie die kaiserliche Admiralität werden ersucht,
bei dem Auftreten einer Cholera-Epid emie, soweit sich ihnen Gelegenheit bietet,
Erhebungen nach dem von der Spezialkommission für Forschungen zur Be-
kämpfung der Cholera aufgestellten, im Jahre 1873 bereits mitgeteilten Unter-
suchungsplane veranlassen und deren Ergebnisse behufs Mitteilung an die Kom-
mission zur Kenntnis des Reichskanzler-Amts bringen zu wollen.
Zum Zwecke der einheitlichen Ordnung des Apothekerwesens
beantragte der Reichskanzler am 7. Juni 1874 die Berufung einer aus Medi-
zinalpersonen, Aerzten und Apothekern zu bildenden Kommission. 2) Hierauf
1) Vorlage des Berichts der deutschen Delegirten zu der internationalen Sanitats-
konferenz durch den Kanzler s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 211 v. 11. 9. 74.
2) Das obige Datum ist in Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
Poschinger. Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 9