— 130 —
beschloß der Bundesrat am 2. Juli 1874: 1) daß eine aus Angehörigen ver-
schiedener Bundesstaaten bestehende Kommission von Sachverständigen gebildet
werde, welche sich über die Grundsätze für einheitliche Ordnung des Apotheker=
wesens gutachtlich zu äußern habe, 2) daß diese Sachverständigen aus Medi-
zinalbeamten, Aerzten und Apothekern, und zwar sowohl Apothekenbesitzern als
Nichtbesitzern, zu wählen seien, 3) daß die Zusammensetzung und Berufung der
Kommission dem Reichskanzler-Amt mit der Maßgabe zu überlassen sei, daß die
verschiedenen in Betracht kommenden Interessen thunlichst berücksichtigt werden,
den Bundesregierungen, welche einen besonderen Wert darauf legen, anheimzu-
geben sei, geeignete Personen dem Reichskanzler-Amt binnen einer Frist von
vier Wochen zu bezeichnen; 4) daß die Kosten der Kommission vom Reiche zu
tragen seien; 5) daß den Beratungen der Sachverständigen das zur Genehmigung
gelangte Programm zu Grunde zu legen sei. Der bayerische und der württem-
bergische Bevollmächtigte stimmten diesen Beschlüssen unter der Voraussetzung zu,
daß ihre Regierungen in der Kommission vertreten sein werden, auch erklärten
der hessische und der hamburgische Bevollmächtigte, daß die von ihnen vertretenen
Regierungen Wert darauf legen, in der Kommission vertreten zu sein.
Die demgemäß berufene Kommission unterzog sich der Erledigung des ihr
erteilten Auftrages während der Zeit vom 10. bis 18. August d. J. in täg-
lichen Sitzungen. Das Ergebnis ihrer Beratungen legte das Reichskanzler-Amt
dem Bundesrat zur Beschlußnahme vor. Nach Inhalt des oben erwähnten
Programms bezweckte die Berufung der Kommission in erster Linie die Gewinnung
einer Grundlage für den Erlaß reichsgesetzlicher Vorschriften über die Errichtung
und Verlegung von Apotheken. Als diese Grundlage bezeichnete die Kom-
mission mit überwiegender Mehrheit das gegenwärtig das ganze Bundesgebiet
mit Ausnahme Elsaß-Lothringens beherrschende Konzessionssystem, erachtete jedoch
gleichzeitig eine Umgestaltung desselben für unentbehrlich. Das Reichskanzler-
Amt vermochte in diesen Ergebnissen der Beratungen ein ausreichendes Material
für legislative Vorschläge nicht zu finden. 1)
Reblausgesetz. In der Bundesratssitzung vom 25. Februar 1875
wurde mit 48 Stimmen gegen die 10 Stimmen von Bayern, der beiden Mecklen-
burg und Reuß älterer Linie beschlossen, dem vom Reichstag angenommenen
Gesetzentwurf, Maßregeln gegen die Reblauskrankheit betreffend, welcher
von den Ausschüssen für Handel und Verkehr und für die Verfassung vorberaten
war, die Zustimmung zu erteilen.
1) Bezüglich der Resolution des Reichstags, betreffend die Hebung des Militär-
veterinärwesens, wurde von dem Bundesrat beschlossen: 1. die Resolution als ihrem wesent-
lichen Inhalte nach erfüllt zu erklären; 2. von der Forderung eines Zeugnisses der Reife
einer Realschule erster Ordnung oder der Prima eines qualifizirten Gymnasiums, als für
jetzt nicht zweckmäßig, Abstand zu nehmen.