Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Aus der Rheinpfalz kam die erste Anregung zu dem Gesetz an der Hand 
von Besorgnissen, die nur zu begründet waren und die durch die letzten sehr 
bedenklichen Nachrichten von den nächsten Grenzen Deutschlands neue Unterlagen 
gewonnen hatten. Es wäre die Anregung von Bedenken vor der dritten Lesung 
des Gesetzes im Reichstage durchaus am Platze gewesen, jetzt wirkten sie um so 
befremdlicher, als man allseitig ein vollständiges Einverständnis der Bundes- 
regierungen gegenüber einem Uebelstand voraussetzte, dessen Umsichgreifen große 
Gefahren befürchten ließ. 
Ueber die Abstimmungen der einzelnen Regierungen ist folgendes zu bemerken: 
der Königlich bayerische Bevollmächtigte erklärte, daß die bayerische Regierung 
die Tendenz des Gesetzentwurfes anerkenne und vollkommen bereit sei, im Wege 
einer Vereinbarung sich mit den Bundesregierungen über gemeinsame Vorsichts- 
maßnahmen gegen das Umsichgreifen der Reblauskrankheit zu verständigen; 
dagegen vermöge sie der reichsgesetzlichen Behandlung dieser Angelegenheit nicht 
beizustimmen, da die Verfassung derartige Fragen nicht in den Bereich der 
Reichslegislative gezogen habe. Der Königlich sächsische Bevollmächtigte erklärte: 
Die Königlich sächsische Regierung ist zwar der Ansicht, daß die Kompetenz zur 
Erlassung des vorliegenden Gesetzes in der Reichsverfassung nicht begründet ist. 
Mit Rücksicht jedoch darauf, daß das Gesetz nur präparatorische Maßregeln zur 
Bekämpfung der Krankheit im Auge hat und dieselben nur dann Erfolg ver- 
sprechen, wenn sie einheitlich geleitet werden, so sprechen überwiegende Zweck- 
mäßigkeitsgründe dafür, sie dem Reiche zu überlassen. Die Königlich sächsische 
Regierung verwahrt sich jedoch ausdrücklich dagegen, daß daraus ein Präjudiz 
für die weitere legislative Behandlung dieser Angelegenheit oder überhaupt für 
künftige ähnliche Fälle entnommen werde. 
Der Königlich württembergische Bevollmächtigte erklärte: die Königlich würt- 
tembergische Regierung erachte zwar die Kompetenz des Reichs nach Art. 4 der 
Reichsverfassung nicht hergestellt und würde gewünscht haben, daß der Gesetz- 
entwurf eine entsprechende Mitwirkung des Bundesrats beziehungsweise der 
Einzelregierungen vorgesehen hätte, sie stimmt aber mit Rücksicht auf die Größe 
der drohenden Gefahr und die Notwendigkeit des Zusammenwirkens, worüber 
eine Vereinbarung unter den Regierungen nicht zu erzielen war, dem vom 
Reichstag beschlossenen Gesetzentwurfe in dem Vertrauen zu, daß bei Ausführung 
des Gesetzes eine entsprechende Mitwirkung der Einzelregierungen veranlaßt wird. 
Der Großherzoglich oldenburgische substituirte Bevollmächtigte stimmte für 
das Gesetz, jedoch nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß sich die zu 
einer Verfassungsänderung erforderliche Majorität dafür finde. Auf den Antrag 
des Vorsitzenden, Präsidenten Delbrück wurde ferner beschlossen, die Regierungen 
derjenigen Staaten, in deren Gebiet Weinbau in größerem Umfange betrieben 
wird, zu ersuchen, baldthunlichst dem Reichskanzler-Amt Weingutsbesitzer und 
Fachgelehrte zu bezeichnen, welche für vorzugsweise geeignet erachtet werden, zu
	        
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