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belegen, wenn nicht den vorliegenden Umständen nach die Annahme seiner
Thäterschaft ausgeschlossen wird“) folgende Bestimmung aufgenommen werde:
„Ist die Druckschrift eine periodische, so ist der verantwortliche Redakteur als
Thäter zu bestrafen. Die Bestrafung bleibt ausgesch lossen, wenn festgestellt wird,
daß der strafbare Inhalt dem verantwortlichen Redakteur unbekannt war;“
6) der § 23 („Der Redakteur, Verleger und Drucker sind berechtigt, das
Zeugnis über die Person des Verfassers, Herausgebers und Einsenders zu ver-
weigern“) beseitigt werde;
7) in § 24 der Schluß des ersten Absatzes von den Worten an: „Wenn
nicht nach den vorliegenden Umständen die Annahme einer Vernachlässigung
pflichtmäßiger Sorgfalt ausgeschlossen wird“ in Wegfall gebracht; ferner hinter
„Geldstrafe“ im ersten Absatz „von 50 bis zu Eintausend Mark“ eingefügt;
endlich die erste Zeile des zweiten Absatzes durch folgende Worte: „Die Be-
strafung bleibt jedoch für den Verleger, den Drucker und den Verbreiter (nicht
den verantwortlichen Redakteur) ausgeschlossen“ ersetzt werde;
8) dem § 26 folgende Fassung gegeben werde: „Eine Beschlagnahme von
Druckschriften ohne richterliche Anordnung findet nur statt: 1) wenn eine Druck-
schrift den Vorschriften der §§ 6 und 7 nicht entspricht oder den Vorschriften
des § 14 oder des § 16 zuwider verbreitet wird; 2) wenn der Inhalt einer
verbreiteten Druckschrift den Thatbestand eines Verbrechens oder Vergehens
begründet. Sofern im Falle der Ziffer 2 die strafbare Handlung nur auf
Antrag eines Beteiligten zu verfolgen ist, setzt auch die Beschlagnahme einen
besonderen Antrag desselben voraus.“ !)
Am 6. Mai 1874 erteilte der Bundesrat dem Preßgesetze nach den Beschlüssen
des Reichstags seine Zustimmung. Für die Ablehnung der vom Reichstage
beschlossenen Resolution auf Ueberweisung der Preßdelikte an die Schwurgerichte
hatte man eine mildere Form gewählt; man beschloß, bei der Justizorganisation
auf die Frage zurückzukommen. Soweit bekannt! geworden, wurde gegen die
Ueberweisung der Preßdelikte an die Schwurgerichte von der Mehrzahl der
Bundesstaaten entschieden protestirt und nur Bayern und Württemberg sollen
sich dafür ausgesprochen haben.
Gesetz über die Presse vom 17. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 65).
Behandlung der reniten ten Geistlichen, (Verbannungs-
gesetz). Ende Januar 1874 verlautete, daß die preußische Staatsregierung sich
mit der Absicht trage, einen Gesetzentwurf im Bundesrat einzubringen, nach welchem
die aus dem Amt entlassenen oder wegen unbefugter Vornahme von Amtshandlungen
bestraften Kirchendiener eines Bundesstaats auch in allen übrigen keinerlei Schutz
1) Vgl. hierzu die „Nat.-Ztg.“ Nr. 186 v. 22. 4. 74. Ueber den Charakter dieser
Forderungen des Bundesrats-Ausschusses vgl. die „Nal.-Ztg.“ Nr. 177 v. 17. 4. 74.