Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Anwendung der in dem § 1 enthaltenen Vorschriften mußte daher an die weitere 
Bedingung geknüpft werden, daß der Geistliche der Entlassung keine Folge 
leistet, möge er lediglich in passivem Widerstand verharren, oder durch Vornahme 
von Amtshandlungen aktiv der Entlassung entgegentreten. Die Vorlage verlieh 
der Landesregierung die Befugnis, nach ihrem Ermessen gegen den renitenten 
Geistlichen entweder sofort mit der Entziehung der Staatsangehörigkeit vor— 
zugehen, oder denselben zunächst in seinem Aufenthalte zu beschränken. Wenn 
auch begründete Zweifel darüber obwalten konnten, ob die Internirung rück- 
sichtlich der geistlichen Oberen ihren Zweck erreichen würde, so erachtete es der 
Ausschuß doch für politisch richtig und den Rücksichten der Milde entsprechend, 
das strengere Mittel erst dann zur Anwendung zu bringen, nachdem das mildere 
versucht ist, aber als wirkungslos sich erwiesen hatte. 
Diesen Gedanken brachte der Ausschuß in seinem Antrag zum Ausdruck. 
Danach setzte die Entziehung der Staatsangehörigkeit voraus, daß der Geistliche 
entweder der ihm auferlegten Aufenthaltsbeschränkung zuwider handelte — indem 
er der Verfügung überhaupt keine Folge leistete oder die ihm gewiesenen Grenzen 
übertrat — oder daß er nach dem Vollzug der Verfügung sich mit Ausübung 
des Amtes befaßte, aus welchem er entlassen ist. Die Entziehung der Staats- 
angehörigkeit hat den Zweck, den davon Betroffenen in die Lage eines Fremden 
zu bringen, der ausgewiesen werden kann, wenn sein Verbleiben im Lande mit 
dem öffentlichen Interesse nicht verträglich ist. Es erschien ratsam, diese Folge 
in dem Gesetz ausdrücklich und zwar im Einklang mit analogen Vorgängen 
der Reichsgesetzgebung mit der Wirkung auszusprechen, daß die Ausweisung 
sich auf das Bundesgebiet zu erstrecken hat. Damit sollte aber keineswegs 
gesagt werden, daß die Entziehung der Staatsangehörigkeit die Ausweisung zur 
notwendigen Folge haben müsse. Vielmehr sollte die Regierung in der Lage 
bleiben, bei Anwendung der in ihre Hand gelegten Vollzugsmittel der Indi- 
vidualität des einzelnen Falles Rechnung zu tragen. 1) 
1) Zu vergleichen über die Ausschußverhandlungen die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 63 
v. 15. 3. 74 und die „Nat.-Ztg.“ Nr. 117 v. 11. 3. 74: Das Referat hatte der hanseatische 
Ministerresident Dr. Krüger übernommen, die Bedürfnisfrage nach allen Seiten hin be- 
leuchtet und danach die Annahme des Gesetzes empfohlen. Es fehlte nicht an Stimmen, 
welche abweichende Ansichten vertraten und sich namentlich gegen die Entziehung des 
Indigenats aussprachen. Man konnte indessen nicht verhehlen, daß in Preußen ein wirk- 
licher Notstand vorhanden sei, dem durch das Gesetz ein Ende gemacht werden sollte und 
könnte. Ein von einer Seite eingebrachter Gesetzentwurf, der nur die Ausweisung zulassen 
wollte, fand keine Zustimmung, ebensowenig ein Antrag, das Gesetz für katholische Geistliche 
zu erlassen. Im Prinzip fand der Entwurf schließlich, besonders im Hinblick auf Preußen, 
wo bereits zwei Bischöfe in das Gefängnis abgeführt werden mußten, Annahme, jedoch 
wurde § 1 in einer milderen Fassung angenommen, ungefähr dahin, daß der Verlust des 
Indigenats erst dann eintreten solle, wenn Ausweisung oder Internirung wirkungslos 
blieben. Die §§ 2 und 3 wurden unverändert angenommen. — Der vom Justizausschuß
	        
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