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des Gesetzes im Bundesrate den partikularen Wünschen so sehr entgegengekommen
ist, daß eine Korrektur dieser Tendenzen durch den Reichstag als die natur—
gemäße Obliegenheit einer Reichsvertretung erscheint, welche den Beruf hat, die
große nationale Idee sicher zu stellen gegen Beeinträchtigungen durch kleinliche
Gesichtspunkte."
In der Sitzung des Bundesrats vom 29. April 1874 gelangte das
Religionsdienergesetz definitiv zur Annahme, da Preußen sich mit den vom
Reichstag gefaßten Beschlüssen einverstanden erklärte und überdies die sofortige
Publikation des Gesetzes als dringend erforderlich bezeichnete.
Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchen-
ämtern, vom 4. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 43).
2. Bundesrat.
Geschäftliche Behandlung der Rekurse von Reichsbeamten.
Die Bundesratsausschüsse für Justizwesen und für die Geschäftsordnung stellten
unterm 17. Februar 1874 den Antrag: Der Bundesrat wolle beschließen, die
auf Grund des § 66 Alinea 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse
der Reichsbeamten, eingehenden Rekurse werden von dem Vorsitzenden ohne
Vortrag im Plenum unmittelbar dem Ausschuß für Justizwesen überwiesen.
Der Vorsitzende dieses Ausschusses ernennt den Referenten, welchem die ein-
schlagenden Akten mit einem kurzen Referat aus dem Reichskanzler-Amt mit-
geteilt werden. Ueber die Beschlußnahme des Ausschusses ist ein kurzes Protokoll
abzufassen, welches die für maßgebend erachteten thatsächlichen und rechtlichen
Monmente, unter gleichzeitiger Angabe des stattgehabten Stimmverhältnisses, enthält.
Der Bericht des Ausschusses an den Bundesrat wird in der Regel mündlich erstattet.
Die Uebersicht der vom Bundesrat gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse
des Reichstags aus den Sessionen von 1873 und 1874 findet sich unter den
Reichstagsdrucksachen 2. Legislaturperiode I. Session 1874 Nr. 24 und II. Ses-
sion 1874/75, Nr. 29.1)
3. Präsidium.
(Reichsbeamte, Aemterorganisation.)
Errichtung eines Reichs-Justizamts. Das Reichs-Justizamt wurde
im Bundesrat durch den Haushaltsetat eingeführt.:) Bei Beratung desselben
1) Ein kurzes Referat findet sich in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 265 v. 13. 11. 74.
2) Zu vergleichen darüber die „Nat.-Ztg.“ Nr. 255 v. 5. 6. 74, 263 v. 10. 6. 74,
395 v. 26. 8. 74, 513 v. 4. 11. 74 (dem Haushaltsetat beigefügte Denkschrift). Bundes-
ratsvorlage, betreffend den Entwurf einer Verordnung über die Kautionen der bei dem
Auswärtigen Amt, bei der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds und im Bureau des
Reichstags angestellten Beamten, s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 146 v. 20. 6. 74.