Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

— 153 — 
Bundesrat daher anheim, im Sinne der Vorschläge des Reichs-Eisenbahn-Amts 
Beschluß fassen zu wollen. 
Nach sehr eingehenden Beratungen wurden vom Bundesrat die Ausschuß- 
anträge 1) (Referent der hanseatische Ministerresident Dr. Krüger) in folgender 
von Preußen vorgeschlagener, modifizirter Fassung angenommen: Der Bundesrat 
wolle in Erwägung, daß das vom Reichs-Eisenbahn-Amt vorgelegte Ergebnis 
der mit Delegirten des Handelsstandes und der Eisenbahnverwaltungen im Juli 
und August v. J. gepflogenen Verhandlungen über die Einführung eines ein- 
heitlichen Frachttarifsystems für die Eisenbahnen Deutschlands als ein dem 
Beschlusse des Bundesrats vom 11. Juni 1874 entsprechendes nicht zu erachten 
ist; daß demzufolge eine Entscheidung über die Tarifreform zurzeit nicht 
thunlich, unter den obwaltenden Verhältnissen vielmehr eine weitere Erörterung 
der Angelegenheit und eine Verlängerung des unter Ziffer 2 jenes Beschlusses 
gewährten Interimistikums mit den nachfolgenden Modifikationen erforderlich 
erscheint, beschließen: 
I. Vom Standpunkt des Reichs ist gegen die weitere Erhebung des durch 
Beschluß vom 11. Juni 1874 Ziffer 2 zugelassenen interimistischen Fracht- 
zuschlages von höchstens 20 Prozent unter der Bedingung nichts zu erinnern, 1. daß 
von diesem Zuschlage wie bisher ausgenommen bleiben: Getreide, Hülsenfrüchte, 
Kartoffeln, Mehl, Mühlenfabrikate und Salz; 2. daß beim Transport in 
Wagenladungen und auf größere Entfernungen der gedachte Zuschlag mit dem 
1. April 1875 in Wegfall komme für Brennholz und für folgende Düngungs- 
mittel: Poudrette, Düngerkalk, Gaskalk, Gaswasser, Chilisalpeter, Chlorkalium, 
Fleischmehl, Guano, Knochenmehl, phosphorsauren Kalk, Superphosphat, Super- 
phosphorit; 3. daß bei Kohlen, Coaks, Steinen, Roheisen, Bau= und Gruben- 
holz, Vieh und beifolgenden Futtermitteln: Kleienarten, Rübenpreßlinge, Hackfrüchte, 
Oelkuchen, Rapsmehl und Leinenmehl im Sinne des Artikels 45 der Reichs- 
verfassung eine Ermäßigung des Zuschlags ins Auge zu fassen sei, vorausgesetzt, 
daß die Betriebs= und Finanzverhältnisse der betreffenden Eisenbahnen dieses 
unbedenklich erscheinen lassen. 
II. Der Reichskanzler wird ersucht, nach vorgängiger Vernehmung von 
Sachverständigen aus den Kreisen des Handelsstandes, der Industrie, der Land- 
wirtschaft und der Eisenbahnverwaltungen dem Bundesrat, sobald die Vor- 
arbeiten es gestatten, geeignete Vorschläge für die Einführung eines, der Absicht 
der Reichsverfassung entsprechenden einheitlichen Frachttarifsystems für die Eisen- 
bahnen Deutschlands zur Beschlußnahme vorzulegen, wobei davon auszugehen 
ist, daß der Beibehaltung und weiteren Ausdehnung des natürlichen Tarifsystems 
neben einem anderen System nichts entgegenstehe. 
III. Die Bundesregierungen werden ersucht, Ueberschreitungen, welche bei 
1) Vgl. die „Nat.-Ztg.“ Nr. 5 v. 5. 1. 75, Nr. 15 v. 10. 1. 75, Nr. 24 v. 15. 1. 75.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.