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der Anwendung des durch Beschluß des Bundesrats vom 11. Juni 1874 interi-
mistisch zugelassenen Frachtzuschlages von höchstens 20 Prozent vorgekommen sind,
im Sinne der auf Seite 15 der vorgelegten Denkschrift des Reichs-Eisenbahn-
Amts vom 3. Dezember 1874 enthaltenen Bemerkungen zu beseitigen und der
etwaigen Neigung der Eisenbahnverwaltungen zu Tarifermäßigungen thunlichst
Vorschub zu leisten. 1)
7. Post- und Telegraphenwesen.
Verpflichtung der Eisenbahnen zur unentgeltlichen Beför-
derung der Postsendungen. Die einschlägige Vorlage des Reichskanzlers?)
begegnete in den Ausschüssen Schwierigkeiten, die nur nach mehrfachen langen
Beratungen gehoben werden konnten. 32) In dem darüber an den Bundesrat
erstatteten Ausschußbericht (Referent der Großherzoglich sächsische Finanzrat Dr.
Heerwart) heißt es: „Die Vorlage beabsichtigt, die vom 1. Januar 1876 an
notwendige Neuregelung des Verhältnisses der Post zu den Staatsbahnen im
Wege der Gesetzgebung herbeizuführen, zugleich aber die Verpflichtungen der
Privateisenbahnen, unbeschadet der bereits erteilten Konzessionen, nach denselben
Grundsätzen gesetzlich zu regeln und auf diese Weise innerhalb des deutschen
Reichspostgebiets eine einheitliche Normirung der Leistungen der Eisenbahnen
für Postzwecke anzubahnen. Die Ausschüsse konnten nicht verkennen, daß wegen
der formellen Lage der zurzeit geltenden Normen und bei der Bedeutung des
Gegenstandes eine gesetzliche Regelung desselben im Bedürfnisse liege. Ueber
die Grundsätze, von welchen hierbei auszugehen sei, trat jedoch alsbald eine
Meinungsverschiedenheit hervor, indem von mehreren Seiten zwar die Ver-
pflichtung der Eisenbahnen zur regelmäßigen und schleunigen Beförderung der
Postsendungen anerkannt, aber bestritten wurde, daß die Unentgeltlichkeit der
Leistungen, wie sie die Vorlage empfehle, noch ferner aufrecht erhalten werden
könne.“ "
Die Ausschüsse waren schließlich darüber einverstanden, daß eine Erweite-
rung der unentgeltlichen Leistungen der Eisenbahnen für Postzwecke zu vermeiden
1) Bundesratsverhandlungen in Betreff eines neuen Eisenbahnpolizei-Reglements
s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 286 v. 8. 12. 74 und „Nat.-Ztg.“ Nr. 565 v. 4. 12. 74 u.
Nr. 573 v. 9. 12. 74. Vorlage des Reichskanzlers, betreffend eine Signalordnung für die
Eisenbahnen Deutschlands „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 288 v. 10. 12. 74 und „Nat.-Ztg.“
Nr. 439 v. 22. 9. 74 u. 573 v. 9. 12. 74. Ausschußverhandlungen über das Eisenbahn-
Betriebsreglement Nr. 195 v. 28. 4. 74. Bundesratsnachweisung über die Aufwendungen
für die Reichseisenbahnen Nr. 455 v. 1. 10. 74.
2) Abgedruckt in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 541 v. 20. 11. 74. Analyse s. „Nordd. Allg. Ztg."
Nr. 270 v. 19. 11. 74.
3) Vgl. die „Nat.-Ztg.“ Nr. 7. v. 6. 1. 75, Nr. 13. v. 9. 1. 75, Nr. 15 v. 10. 1. 75,
Nr. 21 v. 14. 1. 75.