Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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wörtlich — „welcher am 15. September in Bern eröffnet wurde und auf 
welchem 22 Regierungen durch 38 Bevollmächtigte vertreten waren, seine 
schwierigen Verhandlungen schon am 9. Oktober 1874 durch Unterzeichnung des 
Vereinsvertrages zum formellen Abschluß bringen konnte, ist eine in der Ge— 
schichte, zumal der Postverträge, einzig dastehende Thatsache. Zeigt sie einerseits 
die Umsicht, mit der die Einleitungen getroffen und die Verhandlungen geleitet 
worden sind, so giebt sie nicht minder der Einmütigkeit der Ueberzeugungen, 
von denen die Regierungen in ihren Vertretern beseelt waren, ein beredtes 
Zeugnis.“ Der Bericht beleuchtete darnach den Vertrag nach seinen beiden 
Abschnitten: Korrespondenzverkehr unter den Postverwaltungen der Vereinsländer 
in Bezug auf Freiheit des Transits, Einheit des Portos, Gleichheit der Porto— 
teilung und Verfassung der inneren Organisation des Postvereins. Betont 
wurde, daß die politischen Grenzen der Länder der vertragenden Teile verschwinden 
und durch den Vertrag ein einziges Postgebiet gebildet wird. „Die Kontinuität 
desselben, welches etwa 16 000 Ouadratmeilen und 345 Millionen Einwohner 
umfaßt, wird durch die zwischenliegenden Meere nicht unterbrochen; selbst über 
den Ozean hinüber reichen die Glieder des Vereins sich die Hände, so daß 
jede Korrespondenz zwischen europäischen Ländern und Nordamerika als eine 
innerhalb des Vereinsgebiets sich bewegende Postsendung behandelt wird, auf 
welchem Wege sie auch befördert werde.“ Der folgende Teil des Berichts be- 
leuchtete die einzelnen Teile des Vertrags und wies nach, wie durch denselben 
den Vereinsstaaten außer der Unabhängigkeit ihrer inneren Postgesetzgebung auch 
noch die Befugnis gewahrt ist, zur weiteren Erleichterung des Verkehrs Verträge 
unter sich bestehen zu lassen oder neu zu schließen, sowie engere Vereine aufrecht 
zu erhalten oder neu zu begründen, so daß in dem Vertrage das Prinzip der 
Stabilität und das der Beweglichkeit in glücklicher Weise vereinigt wird. Der 
Bericht erwähnte, wie der Beitritt Frankreichs noch offen behalten worden und 
infolge einer ausdrücklichen, neuerdings durch den französischen Minister des 
Auswärtigen an den schweizer Bundesrat erlassenen Note nur für den Fall 
zugesagt war, daß die französische Nationalversammlung sich damit einverstanden 
erklärte. „Der Wert — schloß der Bericht — den die französische Regierung darauf 
legt, die unbestrittene Freiheit ihres Entschlusses von neuem zu konstatiren, wird 
die Ueberzeugung nicht erschüttern, daß Frankreich es in seinem Interesse liegend 
erachten werde, einem zivilisatorischen Werke, welches die einmütige Zustimmung 
aller übrigen hervorragenden Kulturvölker der Erde erhalten hat, auch seinerseits 
sich anzuschließen."“ 
Die Annahme des Berner Vertrags im Bundesrat erfolgte mit einer ge- 
wissen Feierlichkeit. Der Referent, der hanseatische Ministerresident Dr. Krüger, 
schloß mit einer Anerkennung für die deutsche Reichsregierung und besonders 
für die Postverwaltung, von welcher die Anregung zum Abschluß des Vertrags 
ausgegangen war, und ersuchte, da der Vorsitzende doch ein unmittelbares Mit-
	        
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