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festgestellt werde. Im übrigen wurde den Abänderungsvorschlägen der Militär—
kommission des Reichstags mit der Maßgabe zugestimmt, daß allein bezüglich
der Kommunalbesteuerung der Militärpersonen keine Bestimmung getroffen, son-
dern die Regelung der ganzen Frage künftiger Reichsgesetzgebung vorbehalten
bleiben sollte.
Am Vormittag des 11. April machte der Präsident Delbrück dem Bundesrat
in einer zu dem Zweck zusammenberufenen Plenarsitzung Mitteilung von der
Annahme des Kompromißvorschlages durch den Kaiser und die preußische Re-
gierung. Es wurde beschlossen, daß sämtliche Bevollmächtigte sofort telegraphisch
Instruktion ihrer Regierungen einholen sollen. 1)
Am 13. April 1874 stimmte der Bundesrat auch seinerseits, mit Aus-
nahme eines Bevollmächtigten, der noch keine Instruktion erhalten hatte, dem
Kompromiß-Amendement des Abgeordneten Bennigsen und Genossen zum Militär-
gesetze bei.
In der Bundesratssitzung vom 25. April 1874 gab der sächsische Bevoll-
mächtigte v. Nostitz Wallwitz die nachstehende Erklärung zu § 9 des Reichs-
Militärgesetzes ab: „Die Königlich sächsische Regierung geht bei ihrer Zustimmung
zu § 9 davon aus, daß, wenn infolge ungleich sich verändernder Bevölkerungs-
verhältnisse bei der jetzigen Organisation der Kontingente in den verschiedenen
Staaten auf der einen Seite Mangel, auf der andern Seite Ueberschuß an
Rekruten dauernd eintreten sollte, es als dem Sinne und den Bestimmungen
der Verfassung wie der Reichsgesetzgebung entsprechend anzusehen sein würde,
den Leistungsausgleich nur dann durch Abgabe von Rekruten zu bewirken,
wenn es unausführbar wäre, denselben durch veränderte Repartirung der
Kadres auf die einzelnen Staaten nach ihrem Bevölkerungsverhältnis oder
1) Die „Prov.-Corr.“ gab von den vertraulichen Verhandlungen, welche dem Kom-
promiß über § 1 des Militärgesetzes voraufgegangen waren, folgende Darstellung: „In
den (der zweiten Beratung des Militärgesetzes im Reichstag) vorhergehenden Tagen waren
vertrauliche Verhandlungen, namentlich seitens der nationalliberalen Partei, mit der
Regierung angeknüpft worden, um eine versöhnliche Lösung der Frage unter Mitwirkung
einer erheblichen Mehrheit des Reichstags vorzubereiten. Ein Vorschlag, die von der
Regierung geforderte Höhe der Friedensstärke auf sieben Jahre zu bewilligen, wurde
zunächst dem Reichskanzler Fürsten Bismarck, welcher ungeachtet seiner Krankheit das
lebhafteste Interesse für eine befriedigende Erledigung der schwebenden Frage bekundete,
vertraulich unterbreitet und von ihm mit dem Kriegsminister weiter besprochen. Infolge
der hierdurch innerhalb der Regierung veranlaßten Erwägungen setzte Se. Majestät der
Kaiser sich persönlich mit dem Reichskanzler in Verbindung und beehrte denselben am
Donnerstag mit einem längeren Besuch am Krankenbett, um die wichtige Angelegenheit
eingehend mit ihm zu erörtern. Nach dieser Konferenz fanden bei Sr. Majestät mehrfache
militärische Beratungen unter Zuziehung des Feldmarschalls Grafen Moltke, sowie weitere
vertrauliche Erörterungen mit dem Fürsten Bismarck statt, als deren Ergebnis am Sonn-
abend die Zustimmung der Regierung zu dem Vermittlungsvorschlag, vorbehaltlich der
(inzwischen erfolgten) Genehmigung des Bundesrats, erfolgte.“