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einem Techniker zu übertragen. Indessen wollte er doch seinen Widerstand nicht
länger fortsetzen und legte daher zunächst nur den Immediatbericht über die
Besetzung der beiden anderen Ratsstellen, wie Bismarck es gewünscht hatte, vor.
Am 13. September 1873 erließ der Reichskanzler (in Vertretung Delbrück)
ein Rundschreiben, 1) worin die Benachrichtigung enthalten war, daß das in dem
Reichsgesetze vom 27. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 164) vorgesehene Reichs-
Eisenbahn-Amt errichtet sei und seine Wirksamkeit begonnen habe.
„Infolgedessen scheiden nunmehr die durch die Bestimmung im § 4 dieses
Gesetzes dem Reichs-Eisenbahn-Amt überwiesenen Angelegenheiten aus dem Ge-
schäftskreise des Reichskanzler-Amts aus. Der Unterzeichnete erlaubt sich daher,
die pp. ganz ergebenst zu ersuchen, die auf diese Angelegenheiten bezüglichen Mit-
teilungen fortan gefälligst an das Reichs-Eisenbahn-Amt richten zu wollen, und
zwar auch in den Fällen, wo solche Mitteilungen in Erwiderung auf ein vom
Reichskanzler-Amt dorthin gerichtetes Schreiben ergehen."
Scheeles Bleiben im Amte war nicht von langer Dauer. Schon im April
1874 teilte derselbe mündlich Bismarck die Absicht mit, vom Amte zurückzutreten.
Am 9. Maj folgte ein förmliches Entlassungsgesuch, veranlaßt durch die schwierige
und ohnmächtige Stellung des Reichs-Eisenbahn-Amts gegenüber der preußischen
Eisenbahnverwaltung. Besonders kränkte es ihn, daß Preußen im Ministerium
für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten eine besondere Abteilung zur Be-
aufsichtigung der Privatbahnen gebildet hatte.
Bismarck antwortete Scheele am 13. Mai 1874:2)
„Aus Ew. Hochwohlgeboren geehrtem Schreiben vom 9. d. M. habe ich
zu meinem lebhaften Bedauern ersehen müssen, daß meine mündlichen Vorstellungen
nicht vermocht haben, Ihren Entschluß, aus dem Reichsdienst zu scheiden, wankend
zu machen. Ich hoffe indessen, daß es Ew. Hochwohlgeboren eigenem Wunsche
entsprechen wird, die Beratungen über die dem Bundesrat am 6. d. M. gemachte,
auf die Frachtbriefe bezügliche Vorlage noch persönlich zum Abschluß zu bringen,
und ich werde daher, sofern Sie mir nicht einen anderen Wunsch zu erkennen
geben, Ihr Abschiedsgesuch erst nach dem Beschlusse des Bundesrats über jene
Vorlage zur Allerhöchsten Entscheidung befördern.
Der Reichskanzler:
v. Bismarck."
Nachdem der Kaiser Scheeles Entlassung aus dem Reichsdienst genehmigt,
teilte Delbrück demselben unterm 2. Juli 1874 mit, daß Fürst Bismarck bei
einer am 1. Juli stattgehabten Besprechung des Gegenstandes sich damit ein-
verstanden erklärt habe, daß sein Ausscheiden aus der bisherigen Dienststellung
in den ersten Tagen des August eintrete.
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
2) Bisher unveröffentlichtes Aktenstück.