Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Gneisenau“ nannte Fürst Bismarck den Reichkanzler-Amts-Präsidenten Dr. Del- 
brück zu einer Zeit, als er selbst noch den Prinzipien des Liberalismus Rech- 
nung zu tragen schien und von der Menge, die ja so leicht zu kaptiviren ist, 
für einen Blücher auf dem Felde der Politik gehalten wurde. Die Menge hat 
sich getäuscht, und zu spät muß sie erkennen, daß der vermeintliche Blücher ein 
„Marschall Rückwärts“ ist, dessen Führung der inneren Entwicklung Deutschlands 
noch mehr Schaden thun dürfte, als sie uns durch die Einigung nach außen 
Nutzen gebracht hat. Der Vergleich zwischen Bismarck und Blücher hat somit 
seine Berechtigung verloren, der zwischen Delbrück und Gneisenau aber hat seine 
Gültigkeit voll behalten, denn der frühere Reichskanzler-Amts-Präsident, auch wenn 
er dem Reichskanzler heute kämpfend gegenübersteht, und trotzdem er von den 
Offiziösen schon zur Klasse der Reichsfeinde gerechnet wird, bleibt doch, was er 
stets gewesen, der Repräsentant der wirklichen nationalen Wirtschaftspolitik, der 
„Generalstabschef der deutschen Freihandelspartei“. 
Auch das Folgende mußte Delbrück über sich ergehen lassen: „Der Reichs- 
kanzler hat in den Jahren seines aufsteigenden Erfolges ein besonderes Glück 
in der Entdeckung ausgezeichneter und anspruchsloser Mitarbeiter gehabt. Wenn 
man von seinem Kreditconto nur das abschreiben wollte, was die kritiklose Macht- 
anbetung der Menge von dem Guthaben der beiden großen Denker Moltke und 
Delbrück auf die Rechnung Bismarcks gesetzt hat, wie viel oder wie wenig bliebe 
dann wohl für die vergötterte Durchlaucht? Daß das Gute, das nach dem 
Frankfurter Frieden in Deutschland geschaffen wurde, wenn nicht aus,schließlich 
so doch wesentlich Delbrücks Verdienst war, ist allbekannt, daß das Schlechte, 
das Illiberale, das Unkonstitutionelle, was im Verlauf der Zeit immer häufiger 
in die Erscheinung trat, den Beifall des Reichskanzler-Amts-Präsidenten nicht fand, 
dafür bürgt dessen ganze liberale Vergangenheit sowie seine unabhängige Gegen- 
wart. Auf allen Seiten, im Palast des Herrschers, im Parlamentssaal und in 
dem deutschen Bürgerhause, war und ist man sich bewußt, welchen Dank die 
Nation diesem Hauptmitarbeiter am Einigungswerke schuldet, nur an einer, und 
leider an der maßgebenden Stelle, hat die Rivalität des Ruhmes das Gefühl 
der Verpflichtung erstickt.“ 
Von außerparlamentarischen Aeußerungen Bismarcks über Delbrück sind nur 
zwei bekannt; die eine fiel dem Kongreßpräsidenten Wm. D. Kelley von 
Pennsylvanien gegenüber Anfangs Juli 1879, 1) ist aber in ihrem Wortlaut nicht 
1) Vgl. Unger, „Unterredungen mit Bismarck“ Bd. I. S. 209 f. Nach Kellen 
bemerkte Bismarck: „Ich hatte das Finanzwesen nicht zu meinem Studium gemacht und 
hatte mit der Ausführung der nötig gewordenen Veränderungen jemand zu betrauen. Herr 
Delbrück hatte großen Ruf als Finanzmann im Auslande wie im Inlande, und ihm wurde 
die Angelegenheit übertragen. Aber so groß auch sein Ruf war, zeigten die Resultate 
bald, daß, wie die Landleute sagen, er nur Wasser in seinem Kessel hatte. Ich mußte 
daher andere Ratgeber fragen.“
	        
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