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daß das Abgeordnetenhaus den betreffenden Regierungsentwurf einfach unter
dem Tische verschwinden ließ. 1) Achenbach wollte von Haus aus nicht zugeben,
daß das System der Staatseisenbahnen dem der Privatbahnen unbedingt vor-
zuziehen sei. 2) Bismarck war für die Konsolidierung des preußischen Staatseisen-
bahnbesitzes durch Ankauf der wichtigeren Privatbahnen; 3) später accomodierte
sich Achenbach dieser Auffassung ein kleines Bißchen. 14) Im Herzen ist aber
Achenbach bis zu Ende ein Anwalt des Privatbahnsystems geblieben, und er ist,
wie die „Hamburger Nachrichten“ Nr. 6 vom 8. Januar 1896 bestätigten,
ausgeschieden, weil er auf seiner Meinung bestand.
In Konsequenz seiner Grundanschauung war Achenbach auch ein Gegner
des Reichs-Eisenbahnprojekts; er hat zwar seine Gegnerschaft nie offen bekannt,
aber Bismarck bei der Verwirklichung dieses Planes nicht gefördert. Auf ein
Schreiben vom 12. Juni 1876, worin Bismarck um die einleitenden Schritte
bat, war derselbe nach Verlauf eines halben Jahres noch nicht in den Besitz
einer Rückäußerung gelangt. 5)
Bismarck war für eine Förderung des Kanalbaues im großartigen Stil,
Achenbach vertröstete den Ministerpräsidenten auf die Aufstellung eines voll-
ständigen Kanalnetzes, welches einen Kostenaufwand von sechshundert Millionen
erfordern sollte. )) Auf ein an den Handelsminister am 4. Januar 1875
gerichtetes Schreiben, betreffend die Vertiefung der Fahrrinne im Rhein, war
Bismarck am 12. Januar 1876 noch ohne Erwiderung.7)
Das Institut der Fabrikinspektoren, wie es unter Achenbach funktionirte,
erklärte Bismarck in seiner gesetzlichen Berechtigung zweifelhaft, in seiner prak-
tischen Wirksamkeit aber nachteilig für die Industrie. 8)
Die Stellung Achenbachs wurde allerdings in hohem Maße durch den
Umstand erschwert, daß Bismarck im Eisenbahnfache noch einen zweiten Ver-
1) Vgl. meine „Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck“", Bd. I. S. 178.
2) Aktenstücke, Bd. I. S. 182 und 208.
3) Aktenstücke, Bd. I. S. 221 und 232.
4) Aktenstücke, Bd. I. S. 256. Am 15. Mai 1873 konnte sich Achenbach in seiner
Abgeordnetenhausrede noch nicht entschließen, das Staatsbahnsystem dem Privatbahnsystem
vorzuziehen. Am 12. Dez. 1877 erklärte er aber die Absicht, die Deuz-Gießener, die
Oberhausen-Arnheimer Bahn und die Cölner Rheinbrücke seitens des Staates zu erwerben.
Zugleich bemerkte er: „Die Regierung hat in den vergangenen Jahren ihren Standpunkt
dahin klar gelegt, daß es ihre Aufgabe sei, dominirende Linien in ihren Besitz zu bringen.
Es ist kein Hehl daraus gemacht, daß sie es als Aufgabe der Staatsverwaltung betrachte,
die einzelnen Stücke der Staatsbahnen in Verbindung mit einander zu bringen und die-
jenigen Linien zu erwerben, die nach den verschiedenen Hauptrichtungen hin den Verkehr vor-
zugsweise beherrschen.“
5) Aktenstücke, B. I. S. 232.
6) A. a. O., Bd. I. S. 211.
7) A. a. O., S. 212 Note 4.
8) A. a. O., Bd. I. S. 258.