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Nachdem der Reichstag die Entwürfe amendirt hatte, hörte man lange
Zeit nichts von der Genehmigung derselben im Bundesrat. Am 15. März
1876 brachte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ zuerst eine aufklärende
Notiz; sie meldete, der Entwurf, wie er mit seinen bedeutenden Abänderungen
aus den Beratungen des Reichstags hervorgegangen, sei zunächst den einzelnen
Bundesregierungen überwiesen worden, damit dieselben im stande seien, ihre
Bevollmächtigten zum Bundesrat mit Instruktionen zu versehen. Am 2. April
1876 meldete das Kanzlerblatt: „Die Zustimmung zum Hilfskassengesetz im
Bundesrat darf als gesichert gelten, seitdem die Vertreter Preußens die Bedenken,
die sie wegen der im Reichstag beschlossenen Abänderungen der Vorlage hegten,
fallen gelassen haben. Wie verlautet, wurde in der letzten Staatsministerial-
sitzung, nachdem sich Fürst Bismarck und Graf Eulenburg darüber ausgesprochen,
der Beschluß der Zustimmung Preußens im Bundesrat gefaßt.“!1)
ausgesprochen, so ist eine Anfertigung des Statuts, versehen mit dem Vermerke der erfolgten
Zulassung, zurückjugeben und in dem für die Bekanntmachungen der Aufsichtsbehörde der
Kasse bestimmten Blatte auf Kosten der Kasse unverzüglich bekannt zu machen, daß die
Zulassung der Kasse als gegenseitige Hilfskasse erfolgt ist. Abänderungen des Statuts unter-
liegen den gleichen Vorschriften.“ Nach § 18 soll dem Vorstand zur Ueberwachung der
Geschäftsleitung ein durch die Generalversammlung wählbarer Ausschuß zur Seite gestellt
werden können. § 20 soll lauten: „In der Generalversammlung hat jedes anwesende Mitglied,
welches großjährig und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte ist, eine Stimme. Mitglieder,
welche mit den Beiträgen im Rückstande sind, können von der Teilnahme an der Abstimmung
ausgeschlossen werden. Die Generalversammlung kann auch aus Vertrauensmännern gebildet
werden, welche aus der Mitte der stimmfähigen Mitglieder zu wählen sind; die Zahl der
zu wählenden Vertrauensmänner muß jedoch mindestens 50 betragen. Arbeitgeber, welche
Zuschüsse zu der Kasse leisten, baben Anspruch auf Stimmberechtigung. Das Maß dieser
Stimmberechtigung ist unter Berücksichtigung ihrer Zuschüsse festzustellen. Die Zahl ihrer
Stimmen darf jedoch die Hälfte der den Mitgliedern der Kasse zustehenden Stimmen nicht
übersteigen.“ Kassen, zu denen eine Beitragspflicht nicht begründet ist, sollen nach § 26
durch die Generalversammlung bei Zustimmung von mindestens ½ der vertretenen Stimmen
aufgelöst werden. Endlich soll es im § 34 heißen: „Die Verfassung und die Rechte der
auf Grund landesrechtlicher Vorschriften errichteten Hilfskassen werden durch dieses Gesetz
nicht berührt. Die Kassen können jedoch durch die Landesregierungen zur Einhaltung der
im § 25 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften verpflichtet werden.“ Die übrigen Aenderungen
waren zumeist redaktioneller Natur.
1) Am 9. April 1876 schrieb die „Nordd. Allg. Ztg.“, Nr. 85: Die Verzögerung,
welche die Genehmigung des Hilfskassengesetzes im Bundesrat erfahren hat, ist, wie man
aus der Presse ersieht, der Wertschätzung des Gesetzes in der öffentlichen Meinung ent-
schieden zu statten gekommen. Als das Gesetz vom Reichstag beraten und angenommen
wurde, gab es eine große Zahl von Blättern, welche der Vorlage in der Fassung und
Gestalt, wie sie aus den Beschlüssen des Reichstags hervorging, nur einen untergeordneten
Wert beilegten. Ja, man meinte sogar, es sei besser, alles vorläufig beim alten zu lassen,
als daß das Gesetz in der vom Reichstag genehmigten Fassung dauernd zur Geltung
gelange. Erst als Zweifel über das Zustandekommen des Gesetzes aufkamen, als von
Schwierigkeiten, die der Sanktion des Gesetzes von seiten des Bundesrats und einzelner