Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Handelsgerichte durch das Interesse des Handelsverkehrs dringend geboten,“ und 
daß sie 2. jedenfalls dahin zu wirken suchen, die Reichstagskommission möge, 
auch wenn sie bei dem gefaßten Beschlusse auf Wegfall der Handelsgerichte 
stehen bleiben sollte, sich darum der eventuellen Beratung der einschlagenden 
Bestimmungen über Handelsgerichte, wie dieselben von den verbündeten 
Regierungen in dem Entwurfe der Zivilprozeßordnung und des Gerichts- 
verfassungsgesetzes vorgeschlagen sind, nicht entziehen. 
Der Bundesrat trat diesem Votum bei. Es fehlte nicht an Stimmen, 
welche dem Beschluß der Reichstags-Justizkommission wegen Ausschließung der 
Handelsgerichte aus der Gerichtsverfassung zur Seite standen, jedoch wurden 
gegen denselben namentlich politische Momente geltend gemacht. 
Am 3. April 1876 begannen die Beratungen des Justizausschusses des 
Bundesrats über die von der Reichstags-Justizkommission bei der ersten Lesung 
der Justizgesetze gefaßten Beschlüsse. Außer den Mitgliedern des Ausschusses, 
welche den Beratungen der Justizkommission bereits beigewohnt hatten, nahmen 
daran teil: die Justizminister von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, 
Baden, und für Hessen der Ministerialrat Kempff. Den Vorsitz führte der 
preußische Justizminister Dr. Leonhardt. 
Nach kaum achttägiger Arbeit hatte der Justizausschuß den größten Teil 
seiner Aufgabe erledigt. Von den gefaßten Beschlüssen waren zwei von besonderer 
Bedeutung. In der Gerichtsverfassung entschied sich der Ausschuß gegen die 
Gestaltung der Strafgerichte mittlerer Ordnung als Schöffengericht, in der 
Strafprozeßordnung gegen die Berufung, beides in Ablehnung der betreffenden 
Beschlüsse der Justizkommission.!) 
In der Sitzung vom 27. April 1876 stimmte der Bundesrat sämt- 
lichen Anträgen des Justizausschusses über die Beschlüsse der Reichstags-Justiz= 
kommission zu den Entwürfen eines Gerichtsverfassungsgesetzes, einer Strafprozeß- 
und einer Zivilprozeßordnung zu und beschloß, wegen derselben nicht schriftlich, 
sondern durch den Direktor der Abteilung des Reichskanzler-Amts für Justiz- 
wesen, v. Amsberg, der Reichstagskommission berichten zu lassen. Besonders 
wurde beschlossen, den von der Kommission eingefügten Teil über die Stellung 
des deutschen Rechtsanwalts auszuscheiden und den Reichskanzler um Bearbeitung 
dieser Materie in einem besonderen Entwurfe zu ersuchen. Von verschiedenen 
Staaten wurden Wünsche über die spätere Verteilung der Untergerichte geltend 
gemacht. 
Von den Differenzpunkten, welche zwischen den Anschauungen der ver- 
bündeten Regierungen und denen der Kommission des Reichstags zur Vorberatung 
der Justizgesetzentwürfe in der früheren Lesung stehen geblieben waren, waren, 
nachdem über die übrigen eine Verständigung stattgehabt hatte, nach einer Zu- 
1) Ueber die Bedeutung dieses Beschlusses vgl. die „Nat.-Ztg.“ Nr. 172 v. 11. 4. 76.
	        
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