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das damit verbundene, sachlich bedenkliche Hinübergreifen in das materielle
Recht ablehnte.
9. Der Bundesrat hatte beschlossen, daß der Zwang vorgeschlagener Zeugen
zu Reisen an entfernte Sitze der zufälligen Prozeßgerichte da eingeschränkt
werden sollte, wo durch eine solche Reise des Zeugen höher zu veranschlagende
Interessen beeinträchtigt und geschädigt würden. Die Kommission beschloß die
Ablehnung dieser Bestimmung.
10. und 11. Das von der Kommission in Anspruch genommene Recht
der Parteien im Anwaltsprozesse, an Zeugen oder Sachverständige unmittelbar
Fragen zu richten, sowie das Recht der Parteien, über jede die Sachleitung
betreffende Anordnung des Vorsitzenden die Entscheidung des Gerichts ein-
zuholen, wurden im Widerspruch mit den Beschlüssen des Bundesrats aufrecht
erhalten.
12. Ebenso wurden Zusätze der Kommission beibehalten, welche die
Protokollirung aller Anträge im amtsgerichtlichen Verfahren und die Einreichung
der Prozeßvollmachten zu den Akten erforderten.
13. Die in dem Entwurf vorgesehene und in früheren Lesungen beseitigte
Mitwirkung der Staatsanwaltschaft in Ehesachen war nur insoweit wieder-
hergestellt, daß sie stattfinden konnte, während seitens des Bundesrats die Mit-
wirkung als eine notwendige beansprucht wurde.
14. Die Errichtung selbständiger Handelsgerichte hatte die Kommission
von neuem abgelehnt und nur die Errichtung von Handelskammern bei den
Landgerichten nachgegeben, für welche überdies gegen den Beschluß des Bundes-
rats der Anwaltszwang eingeführt wurde.
Die Erledigung der Justizgesetzentwürfe zog sich bis in die nächste Session
des Bundesrats hinaus.
Gesetzliche Regelung des Gerichtskostenwesens. Im Sommer
1875 hatte der Vorsitzende der Justizkommission des Reichstags ein Schreiben
an den Reichskanzler gerichtet, inhaltlich dessen die Kommission beantragte, daß,
da eine wirklich einheitliche Durchführung des deutschen Zivilprozesses eine
gleichzeitige Regulirung des mit dem Prozeß verbundenen Kostenwesens nach
einem einheitlichen Systeme erheische, der Entwurf der Zivilprozeßordnung durch
Entwürfe über Gerichtskosten, Zeugen= und Sachverständigengebühren sowie
über Gebühren der Anwälte und Gerichtsvollzieher ergänzt werden möge. Der
Antrag wurde dem Justizausschuß überwiesen. Im Bundesrat war man durch-
aus geneigt, diesen Wünschen zu entsprechen, und es wurden alsbald Vor-
arbeiten in diesem Sinne angeordnet.
Vollstreckung von Freiheitsstrafen gegen Militärpersonen,
welche aus dem Soldatenstande entlassen sind. Bezüglich dieser