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und den unter Scheele ausgearbeiteten Entwurf eines Reichs-Eisenbahngesetzes.
Maybach überzeugte sich bald, daß dieser Entwurf zu weit ging, um ver—
wirklicht zu werden, und ließ alsdann einen neuen Entwurf ausarbeiten, der
bei den Bundesregierungen eher Aussicht auf Annahme hatte.
Auch Maybach wurde, gleich seinem Vorgänger Scheele, alsbald klar, daß mit
den Funktionen, welche das Gesetz, betr. die Errichtung des Reichs-Eisenbahn-Amts,
vom 27. Juni 1873 demselben vindizirte, unmöglich auszukommen sei. Deshalb
erwirkte er von Bismarck am 11. September 1875 in Varzin neue Zielpunkte für
die Eisenbahnpolitik des Reichs: Ausdehnung der Rechte des Reichs-Eisenbahn-
Amts, vor allem aber die Erwerbung der deutschen Eisenbahnen (exkl. Bayern)
für das Reich. 1) Für das Reichs-Eisenbahnprojekt hatte Bismarck die treibende
Kraft nur in dem Präsidenten des Reichs-Eisenbahn-Amts Maybach, und man
wird wohl nicht fehl gehen, wenn man letzteren als den Verfasser verschiedener
Schriftstücke ansieht, welche in dieser Frage das Arbeitskabinett Bismarcks verließen.
Die Ueberzeugung Maybachs, im Reichs-Eisenbahn-Amt zur Unthätigkeit
verurteilt zu sein, veranlaßten denselben, Bismarck den Wunsch zum Rücktritt
in die preußische Eisenbahnverwaltung (zuerst als Unterstaatssekretär im Handels-
ministerium unter Achenbach) vorzutragen. Mit der Ernennung zum Nach-
folger Achenbachs (März 1878) beginnt die Verwirklichung von Bismarcks
großartiger Eisenbahnpolitik; denn jetzt erst hatte er einen Minister gefunden,
der einerseits ganz auf seine eigenen Ideen einging, und andererseits das
Technische beherrschte wie kein zweiter in Preußen.
Eine weitere Machterweiterung erhielt der Minister Maybach am 27. Mai
1879 durch die Ernennung zum Chef des Reichsamts für die Verwaltung
der Reichs-Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen.:2) Da ferner die Stelle des
1) Aktenstücke Bd. I. S. 200.
2) Zu der durch den „Reichsanzeiger“ veröffentlichten Verordnung über die Ein-
richtung eines Reichsamts für die Reichs-Eisenbahnen gab die „Nord. Allg. Ztg.“ Nr. 325,
vom 16. Juli 1879 folgende Erläuterung: Die Reichs-Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen, deren
Verwaltung staatsvertragsmäßig und pachtweise auch den Betrieb mehrerer luxemburgischen
Linien leitet, berühren sich bekanntlich an mehreren Punkten mit den preußischen Staats-
bahnen an der Saar und Mosel. Im Interesse des Verkehrs wie der Oekonomie war
eine nähere Anlehnung beider Verwaltungen schon früher ins Auge gefaßt; dieselbe wurde
noch mehr angezeigt, nachdem nunmehr die Einsetzung einer besonderen Landesverwaltung
für Elsaß-Lothringen (die Reichsbahnen sind bekanntlich Reichs-, nicht Landeseigentum)
gesetzlich bestimmt worden. Nach der Publikation im „Reichs-Anzeiger“ vom gestrigen Tage
ist jene Maßregel jetzt zur Ausführung gebracht, indem für die Verwaltung der Reichs-Eisen-
bahnen ein besonderes Reichsamt als Zentralbehörde eingerichtet und dessen Leitung als Chef
dem preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten, zu dessen Ressort, wie bekannt, das Eisenbahn=
wesen in Preußen gehört, — als Nebenamt — von SEr. Majestät dem Kaiser übertragen ist.
Besondere Ausgaben erwachsen dadurch nach keiner Seite, indem diejenigen Beamten, welche
bisher im Reichakanzler-Amt für Elsaß-Lothringen die Eisenbahn-Angelegenheiten bearbeiteten,
in das neue Reichsamt übertreten, der Chef als solcher aber eine Besoldung nicht beziebt.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 2