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Am 31. Mai 1875 begann die betreffende Kommission ihre Arbeit;) eine
Einigung zwischen den Vertretern der verschiedenen Tarifsysteme fand aber
nicht statt.
Am 15. Januar 1876 legte der Reichskanzler dem Bundesrat die Ergeb-
nisse der Kommission vor. Das Gutachten umfaßte 11 Sätze,?) denen eine
Reihe von Erklärungen verschiedener Mitglieder der Kommission beigefügt war.
Das Reichs-Eisenbahn-Amt hatte sodann in einer Denkschrift vom Mai 1876
das Ergebnis der Enquête in Bezug auf dessen praktische Verwertbarkeit eingehend
beleuchtet und dabei zugleich die thatsächlichen Verhältnisse erörtert, welche es seines
Erachtens erwünscht erscheinen ließen, die im Jahre 1874 zugestandene provisorische
Frachterhöhung bis zu 20 3% thunlichst in Wegfall zu bringen. Auch diese
Denkschrift wurde von dem Reichskanzler dem Bundesrat zur Beschlußnahme
vorgelegt. Am Schlusse derselben faßte das Reichs-Eisenbahn-Amt seine Auf-
fassung dahin zusammen, 1) daß die von der Kommission skizzirten Grundzüge
eines einheitlichen Tarifsystems an und für sich zwar als geeignet zu erachten,
die erstrebte Einheit auf dem Tarifgebiete zu vermitteln, daß dieselben jedoch für
die Formulirung praktisch zu verwertender Vorschläge eine genügende Basis nicht
gewähren; 2. daß unter solchen Verhältnissen sowie in Rücksicht auf die gegen-
wärtige allgemeine wirtschaftliche Lage Deutschlands es sich widerrät, über ein
in seinen Grundzügen skizzirtes Tarifsystem Beschluß zu fassen und dessen Durch-
führung unter der Autorität des Reiches sei es anzuordnen, sei es auch nur
zu empfehlen, bevor nicht die Wirkung eines solchen Systems auf den allgemeinen
Verkehr sowie auf die Erträgnisse der Eisenbahnen genügend klar gestellt worden,
und daß deshalb vorab wegen der Ergänzung der von der Kommission empfohlenen
Grundsätze eines Tarifsystems zur Klarstellung des praktischen Effektes desselben
durch Feststellung der Maximaleinheitssätze beziehungsweise der prozentualen
Verhältnisse in den Sätzen der einzelnen Klassen unter Rücksichtnahme auf den
Einpfennigtarif des Artikels 45 der Reichsverfassung, sei es im Wege der Be-
schlußnahme des Bundesrats, sei es im Wege der freien Vereinbarung der
Eisenbahnverwaltungen unter sich, sei es im Wege der Gesetzgebung, das Erforder-
liche zu veranlassen, und 3. daß der Bundesrat sich für thunlichste Aufhebung
der provisorischen Frachtzuschläge aussprechen und die Landesregierungen ersuchen
wolle, in Bezug hierauf das Erforderliche in die Wege zu leiten, soweit solches
die Betriebs= und Finanzverhältnisse der betreffenden Bahnen zulassen.
Einfluß der Differenzialtarife auf die Konkurrenzfähigkeit
der deutschen Spiritusexportplätze. Die aus der „Deutschen Zeitung“
1) Das Programm für die Enquête s. „Nat.-Ztg.“ Nr. 197 vom 30. April 1875.
Bildung der Kommission Nr. 231 vom 22. Mai 1875. Hauptresultat ihrer Verhandlungen
Nr. 431 vom 17. September 1875.
2) Abgedruckt in der „Nordd. Allg. Ztg. Nr. 20 vom 25. Januar 1876.