— 256 —
ging der Bundesrat diesesmal nur mit Unbehagen heran, und es war für
ihn vielleicht eine Erleichterung, daß er, einem von Schwerin ausgehenden
Wunsche entsprechend, die Beschlußfassung zunächst vertagen konnte, um zu sehen,
ob der am 20. Februar 1875 eröffnete mecklenburgische Landtag ein günstigeres
Resultat herbeiführen werde. So hatte sich die Beschlußfassung bis zum Herbst
1875 hinausgezogen. Ueber die nunmehrige Stimmung berichtete der Gesandte
v. Prollius, daß die Majorität im Bundesrat zwar nach wie vor für eine
Ablehnung des Reichstagsbeschlusses stimmen werde, doch empfinde man die
stete Wiederkehr dieser Frage als lästig und wünsche dringend deren endliche
Erledigung. In diesem Sinne äußerte sich denn auch der Verfassungsausschuß,
und der Bundesrat knüpfte in seiner Sitzung vom 26. Oktober 1875 an seine
Ablehnung diesmal den früher unterdrückten Ausspruch der „Erwartung, daß
es den Großherzoglichen Regierungen gelingen werde, eine Verfassungsänderung
mit den Ständen zu vereinbaren.“ Nur der badische Bevollmächtigte v. Frey-
dorf sonderte sich, dem früheren Votum seines Vorgängers entsprechend, wieder
von seinen Kollegen ab und stimmte dem Reichstagsbeschluß zu.
Die Schweriner Regierung wies Herrn v. Prollius unter dem 4. November
an, in einer der nächsten Bundesratssitzungen die Erklärung abzugeben, daß sie
mit der vom Bundesrat ausgesprochenen Erwartung völlig einverstanden sei.
Wenn auch zurzeit ein Stillstand in den Verhandlungen eingetreten wäre, so
werde die Regierung doch ihre Bemühungen fortsetzen in der Hoffnung, schließlich
zu einem gedeihlichen Ziele zu gelangen. 1)
Daraufhin gab der mecklenburg-schwerinische Geheime Legationsrat
v. Prollius in der 31. Sitzung des Bundesrats folgende Erklärung ab: „Die
Großherzoglich mecklenburgischen Regierungen erklären sich mit der vom Bundesrat
bei dem Beschluß über den Gesetzentwurf, betreffend die Volksvertretung in den
Bundesstaaten, ausgesprochenen Erwartung: es werde den Großherzoglich mecklen-
burgischen Regierungen gelingen, eine Aenderung der bestehenden mecklenburgischen
Verfassung mit dem mecklenburgischen Landtage zu vereinbaren — völlig ein-
verstanden und werden, wenn auch augenblicklich ein Stillstand in den Ver-
handlungen eingetreten ist, ihre Bemühungen fortsetzen in der Hoffnung, schließlich
zu einem gedeihlichen Ziele zu gelangen.“2)
14. Rückblick.
Aus der vierten Session des deutschen Bundesrats sind keine großen,
epochemachenden Ereignisse zu verzeichnen. Die Entwicklung bewegte sich im
1) Vgl. Hirschfeld: „Friedrich Franz II.“ Bd. II. S. 333 ff. und den Aufsatz in der
„Nat.-Ztg.“ Nr. 217 v. 13. 5. 75: Die Mecklenburger Sache und der Bundesrat.
2) Bundesratsverhandlungen über die Forststatistik des Deutschen Reichs s. „Nord. Allg.