Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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zu großem politischen Pathos erörtert. Ein solcher blieb der amtlichen Behand- 
lung ganz fern. Das Reichs-Justizamt, in dessen Hände die Angelegenheit 
gegeben war, hatte dieselbe lediglich vom Standpunkte geschäftlicher Zweck- 
mäßigkeit aufgefaßt und motivirt, und auch in der Beratung des Bundesrats 
kamen nur sachliche Momente in Betracht. Von preußischer Seite ließ man 
diesen sachlichen Erwägungen völlig freien Spielraum, ohne der Frage eine 
politische Bedeutung zu unterstellen. Von einer Niederlage Preußens kann also 
nicht die Rede sein, und wird die Angelegenheit zunächst der Entschließung des 
Reichstags unterliegen." 
Gegenüber der vollkommenen Harmlosigkeit dieser Darstellung lasse ich noch 
einige Ausführungen eines autochthonen Bayern vom Strand der Isar folgen, 
welcher gleichzeitig bemerkte: „Wenn sich aber gegen Berlin überhaupt als Sitz des 
Reichsgerichts Stimmen erhoben haben und erheben, so ist dieses zwar nach den 
allerneuesten Darlegungen deutscher Unart kaum zu verwundern, jagt aber dem 
gemeinen Verstande und geraden Sinne das Blut von neuem ins Gesicht: das 
macht unsern Feinden von innen und außen wieder wahre Freude! Muß man 
denn bei jeder Gelegenheit den schlecht verhehlten Mißmut, die eitle Sonderungs- 
lust und angestammte Unbotmäßigkeit zur Schau tragen? können Parteien und 
Regierungen nichts besseres, als dem Ausland ihre Blößen zeigen? und stellt 
man nicht den gesamten Richterstand des Reiches geradezu an den Pranger vor 
aller Welt, wenn man die Glieder des Reichsgerichts, welche aus allen Orten 
berufen werden, von vorneher irgend einer anderen Beeinflussung fähig hält, 
als der Stimme der Ehre, der Treue und des Gewissens? Der Bundesrat 
hat, während dieses niedergeschrieben ward, so recht nach dem Vorbild des noch 
spukenden Bundestags „Preußen majorisirt" und damit zweifelsohne einen ganz 
gewaltigen Hieb geführt — wohin? das wird sich zeigen. Stünde nicht der 
Zeiger der Weltuhr so nah am Ausheben einer furchtbar ernsten Stunde — 
man überließe diese Weisheit und Praxis zunächst dem Epigramm und der 
Satire zu freiem Spiel.“ 
In einem „Der Bundesrat und der verantwortliche Reichskanzler“ über- 
schriebenen Artikel führte die „National-Zeitung“ Nr. 109 vom 6. März 1877 
folgendes aus: „So hoch wir im Interesse der deutschen Rechtspflege und 
Rechtsentwicklung die sachliche Entscheidung über den Sitz des Reichsgerichts 
anschlugen, so haben wir doch lange vor der Abstimmung im Bundesrate nicht 
Anstand genommen, zu sagen: Diese sachliche Seite der Frage wird in den 
Hintergrund gedrängt werden, sobald es einem tendenziösen partikularistischen 
Widerspruch gelingen sollte, sich gegen die wohl erwogene Ansicht der leitenden 
Kräfte des Reichs mit Erfolg geltend zu machen. Die bayerische Regierung 
hat sich inzwischen energisch gegen die Darstellung verwahrt, als ob sie in dieser 
Sache sich an die Spitze einer Koalition von Mittel= und Kleinstaaten gestellt 
habe oder zu stellen gedenke. Dieser Verwahrung unbeschadet, ist indes die
	        
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