Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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der ferneren Aeußerung Bismarcks, als Reichskanzler habe er in politischen 
Dingen nicht das Recht der Initiative, diese stehe nur dem Reichstag oder 
dem Bundesrat zu: „Nun, über die Initiative des Reichstags ist nicht viel 
zu sprechen. Aus der Initiative des Reichstags geht seit vielen Jahren alljährlich 
das Diätengesetz hervor und macht keine Fortschritte. Eine Versammlung von 
mehreren hundert Köpfen ist zu ungefügig, um die legislatorische Initiative in 
der Hand zu haben. Auch der Bundesrat ist nicht geeignet, die Initiative zu 
ergreifen. Er ist der Träger der partikularistischen Tendenzen und daher nicht 
berufen, die Rechtseinheit des Reiches zu fördern. Mit Ausnahme des säch- 
sischen Antrages auf Bildung des Oberhandelsgerichts ist kaum jemals eine 
nennenswerte Anregung aus dem Schoße des Bundesrats hervorgegangen. Die 
sämtlichen kleinen Staaten hüten sich wohl, eine Anregung zu geben; die 
Regierungen fürchten sich, an Ansehen bei den Bevölkerungen zu verlieren, 
wenn sie mit einem Vorschlage eine Niederlage erleiden. Und den Mittelstaaten 
ist es gerade recht, wenn das Reich so wenig wie möglich thut, denn ihnen 
liegt daran, ihre eigene Bedeutung, nicht die des Reiches zu heben. Also der 
Reichstag kann keine Initiative ergreifen, der Bundesrat will sie nicht ergreifen, 
der Reichskanzler darf sie nicht ergreifen; wer also soll sie ergreifen?“ 
Die „Schlesische Zeitung“ übersah, daß Bismarck bei den Vorlesungen 
über deutsches Reichsrecht, die er im Reichstag oder in der offiziösen Presse 
hielt, es liebte, hin und wieder Sophismen einzustreuen und überaus kühne 
Theorien aufzustellen, !) die wohl den Buchstaben des Gesetzes für sich haben, 
1) „Vor zehn Jahren“, bemerkte die „Schlesische Z#g.“ in dem oben angegebenen Artikel, 
„war die Rede davon, daß Herr v. Savigny zum Reichskanzler ernannt werden solle. Herr 
v. Savigny genoß damals noch das Vertrauen des Grafen Bismarck, war ein thätiger 
Gehilfe seiner deutschen Politik gewesen und ordnete sich den Ideen desselben willig unter. 
Wäre die Idee, ihn zum Reichskanzler zu ernennen, zur Ausführung gekommen, so hätte 
der staatsrechtliche Grundgedanke dieses Amtes klar vorgelegen. Der Reich-skanzler hätte 
alsdann von vornherein höchstens die Stellung eingenommen, welche jetzt dem Präsidenten 
des Reichskanzler-Amts zufällt. Er wäre ein Mann gewesen, den man für die prompte 
und sachgemäße Erledigung der laufenden Geschäfte in Anspruch genommen hätte, von dem 
man aber eine Initiative nie erwartet hätte. Der Schwerpunkt der deutschen Politik hätte 
nicht beim Reichskanzler gelegen, sondern beim preußischen Ministerpräsidenten, von welchem 
jener seine Instruktionen empfing. 
Dadurch, daß Fürst Bismarck sich entschloß, die Stelle und den Titel eines Reichs- 
kanzlers anzunehmen, erhielt dieses Amt ein gewaltiges Lustre, und man hat im Laufe der 
Zeit vergessen, daß dieses Lustre von der Person des Fürsten ausgeht und nicht von der 
staatsrechtlichen Bedeutung, welche dem Amte beigelegt ist. Nicht einmal im Reichstag 
sprechen darf der Reichskanzler als solcher; nur dem Umstande, daß er zugleich ein von 
Preußen ernanntes Mitglied des Bundesrats ist, verdankt er es, daß er im Reichstag 
erscheinen und dort das Wort nehmen darf. Fürst Bismarck und Minister Delbrück haben 
im Laufe der letzten zehn Jahre viel für die Gesetzgebung gethan und haben die verschiedenen 
staatsrechtlichen Persönlichkeiten, die in ihnen stecken, nicht immer genau von einander 
gesondert.“
	        
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