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schaft, Domänen und Forsten ausgegangenen gesetzgeberischen Materien hatte er
einen hervorragenden und bestimmenden Anteil; hierdurch sowie durch die er—
folgreiche Umgestaltung des Veterinärwesens und die Kultivirung der Moore hat
er sich bleibendes Verdienst um die Landwirtschaft erworben. Seine Thätigkeit
im Bundesrat trat bei allen das landwirtschaftliche Interesse berührenden Fragen
in den Vordergrund.
2. Bayern.
Appellationsgerichtsrat Kastnert)
(geboren 10. Mai 1824)
war zwar kein so brillanter Justizmann wie der Sachse Held — einen Juristen.
der mit größerer Eleganz, Sicherheit und Sachkenntnis als dieser sich seiner
Aufgabe entledigt hätte, hat der Bundesrat seit seinem Bestehen allerdings
nicht in seinen Reihen gehabt — er besaß aber Eigenschaften, die ihm eine
sehr geschätzte Stellung in dieser Körperschaft sicherten: Fleiß, Sachkunde und
vor allem einen aufs Praktische gerichteten, Differenzen leicht ausgleichenden
1) Wilhelm Ritter v. Kastner, geboren in dem bayerischen Landstädtchen Spalt,
bestand die Staatsprüfung 1851 und erlangte die erste Anstellung 1857 als Bezirksgerichts-
assessor (pragmatischer Richter) in Regensburg, woran sich im Jahre 1863 seine Beförde-
rung zum Stadtrichter (beutiger Amtsgerichtsvorstand) in Regensburg und im Jahre 1865
die Berufung auf die Stelle des Vorstandes des Stadtgerichts München links der Isar
reihte. Am 24. August 1873 unter Beförderung zum Appellationsgerichtsrat in den Dienst
des Staatsministeriums der Justiz einberufen, wurde er am 10. Januar 1877 an Stelle des
ausgeschiedenen Ministerialrats v. Lo5 zum stellvertretenden Bevollmächtigten Bayerns beim
Bundesrat ernannt und in dieser Verwendung am 6. September 1877 zum Rat am obersten
Landesgericht, dann am 4. April 1880 zum Ministerialrat befördert. Unterm 19. Februar
1887 wurde Kastner behufs der Uebernahme des Personalreferats im Staatsministerium der
Justiz und der Geschäfte des Generalsekretärs auf Ansuchen von der Funktion eines stell-
vertretenden Bevollmächtigten beim Bundesrat enthoben unter huldvollster Anerkennung
der in dieser Stellung durch eine Reihe von Jahren mit Eifer und Hingebung geleisteten
ersprießlichen Dienste. Hieran reihte sich am 15. Januar 1889 unter Belassung in der
Stelle eines Ministerialrats im Staatsministerium der Justiz, jedoch unter Entbindung von
der Funktion des Generalsekretärs die Ernennung zum Staatsrat im ordentlichen Dienste,
wozu im Jahr 1892 die Verleihung des Prädikats Ercellenz trat. Im Jahre 1894, nach
Vollendung des v0sten Lebensjahres, erbat Kastner den dauernden Ruhestand, der ihm
vom 1. November 1894 ab mit Belassung in dem Verhältnisse als Staatsrat im ordent-
lichen Dienst und unter Verleihung des Komturkreuzes des Verdienstordens der bayerischen
Krone bewilligt wurde. Am 16. Dezember 1896 endlich wurde er auf sein Ansuchen von der
Stelle eines Staatsrats im ordentlichen Dienst enthoben und in die Zahl der Staatsräte
im außerordentlichen Dienst eingereiht. Vom Jahre 1869 an war er Abgeordneter zum
bayerischen Landtag und vom Jahr 1871 an auch Abgeordneter zum Reichstag, legte aber
bei seinem Eintritt in den Dienst des Justizministeriums im Jahre 1873 beide Mandate
nieder.