Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Der Bundesrat hat sich bereits, als er zu den Anträgen der Kommission 
Stellung zu nehmen hatte, von dem Bestreben leiten lassen, sich diesen Anträgen 
thunlichst anzuschließen. Auch bei der erneuerten Beratung ist er bestrebt ge- 
wesen, den Beschlüssen des Reichstags in zweiter Lesung gegenüber, die Differenz- 
punkte auf das möglichst geringe Maß zurückzuführen. Er hat daher bei einer 
großen Reihe von Punkten, obgleich sie ihm zu begründeten Bedenken Veranlassung 
geben, dennoch darauf verzichtet, diese Bedenken weiter zu verfolgen. So sehr 
aber auch die verbündeten Regierungen hiernach bereit waren, den Beschlüssen 
des Reichstags entgegen zu kommen, so sehr fühlten sie sich doch andererseits 
verpflichtet, in diesem Entgegenkommen diejenigen Grenzen einzuhalten, deren 
Ueberschreitung als eine Gefährdung der ihrer Obhut vorzugsweise anvertrauten 
öffentlichen Interessen erscheinen müßte. 
Der unterzeichnete Reichskanzler hegt die Hoffnung, daß es auf Grund 
der Beschlüsse des Bundesrats gelingen wird, das große nationale Werk der 
deutschen Justizreform zu einem gedeihlichen Abschluß zu bringen. 
Der Reichskanzler 
v. Bismarck. 
Die von dem Bundesrat für unannehmbar erklärten Beschlüsse des Reichs- 
tags in Betreff der Reichsjustizgesetze waren folgende: 
I. Gerichtsverfassungsgesetz. 
§ 17. Die Gerichte entscheiden über die Zulässigkeit des Rechtsweges. 
Die Landesgesetzgebung kann jedoch die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen 
den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten über 
die Zulässigkeit des Rechtsweges besonderen Behörden nach Maßgabe der fol- 
genden Bestimmungen übertragen: 1. Die Mitglieder werden für die Dauer 
des zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen bekleideten Amts oder, falls sie zu 
dieser Zeit ein Amt nicht bekleiden, auf Lebenszeit ernannt. Eine Enthebung 
vom Amt kann nur unter denselben Voraussetzungen wie bei den Mitgliedern 
des Reichsgerichts stattfinden. 2. Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß 
dem Reichsgericht oder dem obersten Landesgericht oder einem Oberlandesgericht 
angehören. Bei Entscheidungen dürfen Mitglieder nur in der gesetzlich bestimmten 
Anzahl mitwirken. Die Anzahl muß eine ungerade sein und mindestens fünf 
betragen. 3. Das Verfahren ist gesetzlich zu regeln. Die Entscheidung erfolgt 
in öffentlicher Sitzung nach Ladung der Parteien. 4. Sofern die Zulässigkeit 
des Rechtsweges durch rechtskräftiges Urteil des Gerichts feststeht, ohne daß zuvor 
auf die Entscheidung der besonderen Behörde angetragen war, bleibt die Ent- 
scheidung des Gerichts maßgebend. 
§ 69. Die zeitweilige Vertretung eines Mitgliedes oder die zeitweilige 
Wahrnehmung einer Richterstelle kann außer durch einen ständigen Richter nur
	        
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