Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

— 309 — 
vor Entscheidung der Frage, ob ein oberstes Landesgericht in Sachsen zu 
errichten sei, die Ansichten der Landesvertretung einholen zu können. Da sie 
selbst jedoch, wie bereits von dem Königlich sächsischen Justizminister bei der 
ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs im Reichstag erklärt worden ist, 
das Bestehen eines obersten Landesgerichts im Königreich Sachsen neben einem 
in Leipzig zu errichtenden Reichsgericht für unzuträglich erachtet, so stimmt sie 
dem Entwurfe in der vom Reichstag beschlossenen Fassung zu.“ 
Die „Provinzial-Correspondenz“ bemerkte zu vorstehendem Ausgang: „Das 
Reichsgericht erhält seinen Sitz in Leipzig: so ist nunmehr im Bundesrat unter 
Genehmigung des Zusatzantrags des Reichstags mit Einstimmigkeit beschlossen 
und somit die Frage durch Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse des 
Bundesrats und des Reichstags endgültig entschieden. Vor dieser Entscheidung 
der gesetzgebenden Gewalten des Reichs treten selbstverständlich alle Bedenken 
zurück, welche während der Erörterung der Frage geltend gemacht worden sind. 
An die Stelle aller vorherigen Zweifel tritt die Zuversicht, daß das nunmehr 
in Leipzig zu errichtende oberste Gericht, durch welches die gemeinsamen Rechts- 
institutionen des Deutschen Reichs gekrönt werden, eine Bürgschaft gerechter 
nationaler Rechtsprechung und ein neuer Mittelpunkt des gemeinsamen nationalen 
Geistes sein werde.“ 
Gesetz über den Sitz des Reichsgerichts vom 11. April 1877 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 415). 
Gesetzentwurf, betreffend die Kosten im Zivilprozeß= und 
Konkursverfahren. Der Justizausschuß des Bundesrats stellte einen Antrag 
dahin, das Kostenwesen im Zivilprozeß.= und im Konkursverfahren durch Vor- 
legung von Gesetzentwürfen zu regeln. In der Sitzung des Bundesrats vom 
28. September 1876 beschloß derselbe, dem Reichskanzler-Amt anheim- 
zustellen, einen Gesetzentwurf über die Kosten des Zivilprozesses sowie des mit 
der Konkursordnung verbundenen Kostenwesens aufzustellen. Der bayerische 
Bevollmächtigte erklärte namens seiner Regierung die Zustimmung zu dem 
Antrage unter der Voraussetzung, daß der fragliche Gesetzentwurf sich auf die 
Aufstellung eines einheitlichen Systems und allgemeiner Grundsätze zu beschränken 
und in der Ausführung den Landesregierungen behufs entsprechender Berück- 
sichtigung der finanziellen und sonstigen besonderen Verhältnisse den einzelnen 
Bundesstaaten möglichst freie Bewegung zu lassen habe. Die Einbringung 
des Gerichtskostengesetzes in den Bundesrat zog sich bis in den März 1878 
hinaus. 
Notgesetz über den Zeugniszwang. Die durch den Fall Kantecki 
angeregten Erwägungen fanden bekanntlich im Reichstag ihre Erledigung durch 
Annahme des Antrags Becker-Lasker, welcher die auf den Zeugniszwang
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.