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Amts!) seine Genehmigung. Seit durch Präsidialerlaß vom 12. August 1867
das Bundeskanzler-Amt als einzige Reichs-Verwaltungsbehörde gebildet wurde
„für die dem Bundeskanzler obliegende Verwaltung und Beaufsichtigung der
durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes zu Gegenständen der Bundes-
verwaltung gewordenen, beziehungsweise unter die Aufsicht des Bundespräsidiums
gestellten Angelegenheiten sowie für die dem Bundeskanzler zustehende Bearbei-
tung der übrigen Bundesangelegenheiten“ war nach und nach eine Reihe ge-
sonderter Behörden für teils dem Bunde und Reiche neu zugewachsene, teils
aus vorhandenen Keimen heraus entwickelte Geschäftszweige gebildet worden.
Zwischen diesen Behörden bestand ein durchgreifender Unterschied dahin, daß
die einen dem Reichskanzler-Amt koordinirt, die anderen als besondere Abteilungen
eingefügt waren. Die ersteren (Auswärtiges Amt, Admiralität, Reichs-Eisenbahn-
Amt, zuletzt auch General-Postamt) nahmen in geschäftlicher Beziehung durchaus
die Rolle selbständiger Ministerien ein und liefen nur staatsrechtlich in die eine
ungeteilte Verantwortlichkeit des Reichskanzlers zusammen, dem sie daher formell
unterstellt blieben.
Dem Reichskanzler-Amt als Abteilungen eingefügt wurden die oberste
Verwaltung von Elsaß-Lothringen und das Reichs-Justizamt.
Die von dem Bundesrat genehmigten Aenderungen bewegten sich in einer
doppelten Richtung. Einmal sollten bisherige Abteilungen des Reichskanzler-
Amts eine „selbständige Organisation“ erhalten, wie sie schon im Interesse
einer sachgemäßen, zugleich gründlichen und raschen Erledigung der Geschäfte
wünschenswert erschien. Es betraf diese Aenderung das Reichs-Justizamt, an
dessen Spitze ein Staatssekretär treten sollte, und die Abteilung für Elsaß-
Lothringen, deren seitheriger Direktor erst kürzlich den Titel eines Unter-
staatssekretärs erhalten hatte. Hierzu kam noch die Ausscheidung einer be-
sonderen Abteilung des Reichskanzler-Amts für Finanzangelegenheiten unter
einem besonderen Direktor aus dem Geschäftskreise der bisherigen Zentral-
abteilung.
Aus den bezüglichen Verhandlungen des Bundesrats ist hervorzuheben,
daß vor dem Eintritt in die Beratung der einzelnen Etatsansätze im allseitigen
Einverständnis als selbstverständlich konstatirt wurde, daß bei der beabsichtigten
neuen Organisation die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrats und seiner
einzelnen Mitglieder sowie die verfassungsmäßige Stellung des Reichskanzlers
unberührt bleiben. 2)
1) Vgl. darüber die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 200 v. 20. 9. 76, die „Nat.-Ztg."
Nr. 438 v. 20. 9. 76 und die „Prov.-Corresp.“ Nr. 40 v. 4. 10. 76.
2) Reichskanzler-Vorlage, betreffend den Entwurf einer Verordnung über die Tage-
gelder und Fuhrkosten von Beamten der Reichs-Post= und Telegraphenverwaltung, s. „Post“
Nr. 117 v. 16. 5. 77.