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Gesetz über die Ausgleichungsabgaben. Am 26. November
1876 richtete Bismarck das nachstehende Schreiben an den Bundesrat: 1) „Im
Namen des Präsidiums beehrt sich der unterzeichnete Reichskanzler den bei-
folgenden, von der Königlich preußischen Regierung eingebrachten Entwurf eines
Gesetzes, betreffend die Erhebung von Ausgleichungsabgaben bei der Einfuhr
ausländischer Waren, dem Bundesrat zur Beschlußnahme ganz ergebenst vor-
zulegen.
v. Bismarck."“
In Gemähheit des Ausschußberichts wurden die unter die Vorlage fallenden
Gegenstände auf Eisen und Zucker beschränkt. 2) Daß sich Bismarck persönlich
für die Wiedereinführung des Eisenzolls interessirte, war öffentliches Geheimnis.
In der Sitzung des Bundesrats vom 6. Dezember 1876 wurde auf den
Vortrag des Ober-Steuerrats v. Moser gegen die Stimmen der Großbherzog-
tümer Mecklenburg und der Hansestädte das Gesetz in folgender Form
angenommen: § 1. Wenn die Ausfuhr der nachstehend genannten Gegenstände:
1. Eisen und Stahl, ausgenommen Roheisen und altes Brucheisen, 2. ganz
grobe und grobe Eisen= und Stahlwaren, 3. Maschinen, überwiegend aus
Eisen und Stahl, 4. Zucker, in einem anderen Lande thatsächlich durch Aus-
fuhrprämien begünstigt wird, so können diese Gegenstände durch Keiserliche
Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats bei der Einfuhr in das deutsche
Zollgebiet mit einer Ausgleichungsabgabe belegt werden. — § 2. Die Aus-
gleichungsabgabe darf den Betrag der Ausfuhrprämie nicht übersteigen. — § 3.
Die Erhebung der Ausgleichungsabgabe kann entweder für die Erzeugnisse eines
bestimmten Landes oder ohne Rücksicht auf den Ursprung der eingehenden
Waren für alle oder bestimmte Grenzstrecken angeordnet werden. — § 4.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Eingangszölle finden auch auf die
Ausgleichungsabgaben Anwendung. — § 5. Eine auf Grund des § I1 erlassene
Kaiserliche Verordnung ist außer Kraft zu setzen, wenn und insoweit die
Veranlassung zur Einführung der Ausgleichungsabgabe fortgefallen ist. — § 6.
Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem Zeitpunkt seiner Verkündigung durch das
Reichs-Gesetzblatt in Wirksamkeit.
Da der Gesetzentwurf im Reichstag nicht zur Durchberatung gelangte, so
legten die Bundesratsausschüsse am 13. April 1877 für Zoll= und Steuerwesen
und für Handel und Verkehr denselben dem Bundesrat aufs neue vor, wobei
die durch die Reichstagsverhandlungen in erster Lesung und die Kommissions-
1) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt. Der Wortlaut des Gesetzentwurfs ist
der S. 144 Note citirten Quelle zu entnehmen. Eine Kritik desselben in der „Nat.-Ztg."“
Nr. 555 v. 28. 11. 76 und Nr. 575 v. 9. 12. 76.
2) Zu vgl. die Bundesratsdrucksache Nr. 101, Sess. 1876, in der S. 144 Note
citirten Quelle.