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beratungen gewonnenen neuen Gesichtspunkte sorgsam berücksichtigt worden
waren. 1)
Bei Beratung der einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs wurden in
der Bundesratssitzung vom 16. April 1877 folgende Beschlüsse gefaßt:
1. § 1 erhielt einem Antrage Preußens entsprechend folgende Fassung:
„Eisen und Stahl, geschmiedet und gewalzt, in Stäben (mit Einschluß des
fassonnirten); Eisenbahnschienen, Winkeleisen, [.Eisen, einfaches und doppeltes
I.Eisen; Eisen= und Stahlplatten sowie Eisen= und Stahlblech, auch polirt
oder gefirnißt; Weißblech. (Aus Nr. 6b des Zolltarifs.)) Ein Antrag
Bayerns, in Ziffer 1 des § 1 auch Eisen= und Stahldraht, Eisen, welches zu
groben Bestandteilen von Maschinen und Wagen (Kurbeln, Achsen und dergleichen)
roh vorgeschmiedet ist, insofern dergleichen Bestandteile einzeln 50 Pfund und
darüber wiegen, Radkranzeisen zu Eisenbahnwagen und Pflugschareneisen auf-
zunehmen, erhielt nicht die Zustimmung der Mehrheit.
2. Die Ziffern 4, 5 und 6 des § 1 wurden auf Antrag Preußens durch
Mehrheitsbeschluß gestrichen.
3. Auf Antrag Preußens wurde durch Mehheitsbeschluß hinter § 2 als
§ 3 eingeschaltet:
„Die zur Herstellung von a) Lokomotiven, Tendern und Dampftesseln
(Nr. 15b des Zolltarifs), b) Maschinen, insofern sie dem Gewichte nach
überwiegend bestehen aus Gußeisen, Schmiedeeisen oder Stahl (Nr. 15 b
26623)), c) Eisenbahnfahrzeugen weder mit Leder= noch mit Polsterarbeit
(Nr. 156 1a) erforderlichen Materialien und Maschinenteile dürfen, nach
Maßgabe der vom Bundesrat zu erlassenden Kontrollvorschriften, frei von der
Ausgleichungsabgabe aus dem Auslande bezogen werden."“
§ 3 wurde demnach § 4.
Hierauf wurde gegen die Stimmen von Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-
Strelitz, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg beschlossen, dem Gesetz-
entwurf in der aus vorstehenden Beschlüssen sich ergebenden Fassung die
Zustimmung zu erteilen. Der Bevollmächtigte Bayerns erklärte, indem er dem
Gesetzentwurf zustimmte, daß die Königlich bayerische Regierung die Wieder-
herstellung der mit dem 1. Januar 1877 außer Wirksamkeit getretenen Eisen-
zölle gewünscht hätte, da sie nur hierin eine der Lage der inländischen Eisen-
industrie entsprechende Maßnahme zu erblicken vermag. Wenn sie nun gleichwohl
auch einer weniger wirksamen Maßregel ihre Zustimmung nicht vorenthalten
1) Wortlaut des von den Ausschüssen vorgelegten Entwurfs als Bundesratsdrucksache
Nr. 63 in der S. 144 Note angeführten Quelle zu finden. Die freihändlerische Presse
behauptete von der Bundesratsvorlage, daß sie gar nicht dasjenige sei, wofür man sie
ausgeben wolle. „Das Wort „Retorsion“ ist lediglich ein Mäntelchen, welches die Regierung
der von ihr geplanten und merkwürdigerweise von dem Herrn Finanzminister Camphausen
unterstützten Wiedereinführung der Schutzzölle auf Eisenfabrikate umhängen will.“