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Grundsätze für die Bildung der Gütertarife. Ein im Mai
1877 gestellter Antrag der Bundesratsausschüsse für Eisenbahnen, Post und
Telegraphen sowie für die Verfassung, betreffend Grundsätze für die Bildung
der Gütertarife, lautete: „Der Bundesrat wolle in Ausführung der Art. 42
und 45 der Reichsverfassung beschließen:
1. Für den Transport von Gütern zwischen je zwei Stationen ist der
Frachtsatz aus einem Streckensatze und aus einem zur Deckung der Kosten der
Vorbereitung und Beendigung des Transports auf der Versand= und Empfangs-
station bestimmten Zuschlage — Expeditionsgebühr — zu bilden.
2. Im direkten Verkehr sind ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den
Transport berührten Verwaltungsgebiete und Uebergangsstationen Expeditions-
gebühren nur für die Versand= und Empfangsstation zulässig.
3. Der Streckensatz und die Expeditionsgebühr dürfen die für gleichartige
Transportgegenstände im Lokalverkehr der beteiligten Bahnen bestehenden Sätze
nicht übersteigen.
4. Im direkten Verkehr mit bayerischen sowie mit außerdeutschen Bahnen
sind die in Ziffer 2 und 3 getroffenen Bestimmungen für die deutschen Bahnen
nur insofern verpflichtend, als von den vorgenannten Bahnen nach gleichen
Grundsätzen verfahren wird.
5. Die im Art. 45 der Reichsverfassung erwähnte größere Entfernung“
ist ohne Rücksicht auf die Beförderungsstrecke der einzelnen Bahnverwaltung
lediglich nach der Gesamtlänge des Transports von der Versand= bis zur
Empfangsstation zu bemessen.
6. Die verbündeten Regierungen werden ersucht, bei Feststellung der Güter-
tarife auf den ihrer Leitung oder Aufsicht unterstellten Bahnen nach vorstehenden
Grundsätzen verfahren zu lassen. Die Ausschüsse beantragen zugleich, das Ein-
verständnis dahin zu konstatiren, daß bei Prüfung der Frage, ob der unter
Ziffer 3 niedergelegten Vorschrift entsprochen sei, die Höhe des in den direkten
Tarif eingerechneten Streckensatzes und der Expeditionsgebühr des Lokaltarifs
zu vergleichen, die Vergleichung vielmehr mit Rücksicht darauf vorzunehmen sei,
ob der sich aus Streckensatz und Expeditionsgebühr ergebende Anteil an dem
direkten Tarif den sich aus Streckensatz und Expeditionsgebühr des Lokaltarifs
ergebenden Lokalfrachtsatz nach Kürzung der halben bezw. ganzen Expeditions-
gebühr nicht übersteige."
Der vorstehende Antrag wurde auf Veranlassung des preußischen Unter-
staatssekretärs Maybach zurückgestellt und den Ausschüssen „mit Rücksicht auf
neuerdings erhobene Bedenken“ zu „nochmaliger Erwägung und demnächstiger
Berichterstattung“ überwiesen. Eine Erledigung der Tariffrage war hiermit
also noch einmal hinausgeschoben.
Bei Gelegenheit des vorstehenden Bundesratsbeschlusses erwähnte der badische
Bevollmächtigte der auf dem Großherzogtum Baden schwer lastenden Frachtungleich-