Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Wollte man eine andere Auffassung Platz greifen lassen, so könnten die Be— 
ratungen der verschiedenen Ausschüsse des Bundesrats während der Nicht- 
thätigkeit des Plenums nicht stattfinden.“ 
Kurze Zeit später kam das offiziöse Blatt auf die Frage zurück, indem 
es ausführte: 1) „Abschnitt IV. der Verfassung des Deutschen Reichs bestimmt 
in Art. 13: „Die Berufung des Bundesrats und des Reichstags findet all- 
jährlich statt und kann der Bundesrat zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den 
Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrat berufen werden“. Auf Grund 
dieser Bestimmung, welche nach ihrer Fassung dem Bundesrate nicht in dem 
Sinne wie dem Reichstage eine bestimmte, in sich abgeschlossene Arbeitsperiode 
zuweist, ist auch in diesem Jahre der Bundesrat berufen. Derselbe kann in 
die Beratungen über die dem Reichstag zu unterbreitenden Vorlagen erst dann 
fortlaufend eintreten, wenn die durch Artikel 8 vorgeschriebenen Ausschüsse die 
Arbeiten vorbereitet haben. Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse ist aber 
nach dem erwähnten Artikel 8 für jede Session des Bundesrats zu erneuern. 
Diesen Festsetzungen gegenüber ist die Annahme unzutreffend, daß der Bundesrat 
sofort und unausgesetzt in Aktivität sein muß.“ 
Meines Erachtens ist die letzte Auffassung nicht richtig. Wir werden später 
auf diese Frage zurückkommen. ) 
Bald nachdem die Reichskanzlerkrisis im letzten Frühjahr (10. April 1877) 
ihren Abschluß gefunden hatte, begab sich Bismarck nach Friedrichsruh, Kissingen, 
Gastein und demnächst (25. Oktober) nach Varzin, von wo er erst am 
14. Februar 1878 nach Berlin zurückkehrte. Den Kombinationen über die 
weiteren Absichten Bismarcks war bei dieser langen Abwesenheit desselben von 
Berlin ein weites Thor geöffnet. In einem im Dezember 1877 erschienenen 
A0rtikel 3) war an alle öffentlichen und privaten Aeußerungen erinnert, mit 
welchen Bismarck vor sechs Monaten seine Demission motivirt hatte. „Man 
erinnerte sich sofort seiner Erklärung, daß „das Zerren und Schieben mit den 
einzelstaatlichen Regierungen ihn zu Grunde gerichtet habe und er dessen müde 
seit; „die Reichsflut sei rücksteigend und hemme ihn mehr und mehr in seiner 
Bewegung“ und dergleichen mehr. Das gute Gedächtnis eines Gastes des 
Fürsten auf einer seiner Soiréen frischte daneben das Bild von dem Herum- 
streichen auf Kartoffelfeldern, von der Sauhatz auf, zu der ihm die Genossen 
fehlten. Da gab es, und nicht bloß für die Phantasie, reichlichen Stoff zur 
Ausfüllung des skizzirten Bildes. Die Moral der Fabel wurde allgemein dahin 
1) Nr. 253 v. 26. 10. 77. 
2) Ueber die waldecksche Stimme im Bundesrat nach Erneuerung des Vertrags 
wegen Fortführung der Verwaltung der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont durch Preußen 
vgl. die Aeußerungen des Ministers v. Bülow, abgedruckt in der „Prov.-Korresp.“ Nr. 52 
v. 27. 12. 77. 
3) Als den Verfasser mutmaße ich G. F. Beutner.
	        
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