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verstanden: Der Kanzler könne nur dann im. Dienste bleiben, wenn seine
Kollegen zu den großen wirtschaftlichen Reformen, die er im Kopfe trage, aus
eigenem Antriebe und mit eigenen produktiven Kräften schritten; wenn nicht,
wolle er gehen, da er sich nicht stark genug fühle, um Ministerkrisen, den Bruch
mit seinen alten Kollegen und das Einleben mit neuen zu vertragen. Es sei
ein unbilliges Verlangen, daß er selbst die nötige Arbeit liefere und sie der
Kritik eines in entgegengesetzten Spuren (soll doch wohl vor allen anderen
Dingen heißen: im Geleise der Manchesterschule) gehenden Ressortministers unter-
werfe. Auch der Klagen über den Mangel einer sicheren gouvernementalen
Majorität im Reichstage wurde in jener Periode, wo alle Welt über die De-
mission sich klar zu machen suchte, wieder gedacht und in solchem Mangel ein
wesentliches Motiv des Rücktritts gefunden. Man erinnerte sich insbesondere
gewisser strengen Urteile des Kanzlers über einige hervorragende Führer der
nationalliberalen Partei, die, indem sie allgemein als seine Stützen angesehen
würden, doch fortwährend ihm Knüppel zwischen die Räder seines Wagens
würfen. Dann kamen die Hofintriguen zur Sprache, über die der Fürst im
vertraulichen Verkehr oft höchst interessante Dinge zum besten gegeben. Wesentlich
schienen es aber doch die Friktionen mit seinen Kollegen zu sein, die ihm das
Weiterregieren verleideten. Für das zu erlegende Hochwild, d. h. für die Durch-
führung von großen Reformen, vermißte er die geeigneten Gehilfen, an der
Passivität anderer, wie an deren aktivem Widerstande drohten seine eigenen
Kräfte zu Grunde zu gehen. Die Friktionen hatten nicht bloß in den Per-
sönlichkeiten ihren Grund, sondern lagen zum Teil in der Natur der Sache,
in der staatsrechtlichen Stellung der Minister zu einander, in dem „Parti-
kularismus“, wie der Fürst sich einmal ausdrückte, der selbständigen Ressort-
interessen. Ihm schwebt ein anderes Ideal vor. Er verlangt die freie Verfügung
über die Ministerstellen und die alleinige Verantwortlichkeit für sich, d. h. für
den Premier in Preußen und im Reiche. Die Krone soll die Besetzung der
einzelnen Ministerposten prinzipiell dem Manne ihres Vertrauens oder der Partei,
welche er ans Ruder ruft, anheimgeben, damit ihr, der Krone, die unerfreulichen
Schiedssprüche zwischen mißhelligen Kollegen erspart bleiben, damit sodann mit
der alleinigen Verantwortlichkeit des Kanzlers nach englischem Muster die
Friktionen fortfallen, die die Staatsmaschine unaufhörlich im Gange stören.“
Bei einer Prüfung, wie weit diese Motive Ende 1877 die Rückkehr
Bismarcks von Varzin noch weiter verzögerten, schied der Verfasser des oben
erwähnten Artikels zunächst die Theorien des Kanzlers von der Cntwicklung
unserer öffentlichen Institutionen, namentlich von der obersten Verwaltung des
Reiches und des Partikularstaates Preußen aus. „Fürst Bismarck hat auch in
sein staatsrechtliches System die „Ausstattung der Kaiserlichen Würde mit einer
wenigstens annähernd entsprechenden Machtbefugnis'“ aufgenommen. Gegen-
wärtig ist der Kaiser lediglich ausführendes Organ der Beschlüsse des Bundes-