Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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rates und des Reichstages, eine Position, die nach der Ansicht des Kanzlers 
weder der Würde des Deutschen Kaisers noch der Machtstellung des Königs von 
Preußen entspricht. Daß Fürst Bismarck aber nicht daran denkt, zur Be— 
dingung seines Wiedereintritts in seine Funktionen die Realisirung solcher Idee 
oder der von der freien Verfügung des Premiers über die Ministerstellen zu 
machen, geht schon daraus hervor, daß er in den Fällen, wo er seine Lieblings- 
theorien exponirte, ausdrücklich erklärte, man möge darin mehr eine Kritik des 
Bestehenden erblicken als ein Bild des heute oder morgen schon zu Erstrebenden. 
Auch was er von der rücksteigenden Reichsflut gesagt, war nicht so böse oder 
ernstlich gemeint. Er fügte gleich hinzu: „Sie wird wieder in die Höhe gehen, 
es macht sich nicht alles gleich in drei oder zehn Jahren; unsere Feinde müssen 
auch was zu thun haben, sie könnten sich sonst langweilen.“ Die Klagen 
Bismarcks über die Haltung der nationalliberalen Partei verweisen wir ebenfalls 
in das Bereich von Kundgebungen einer augenblicklich schlechten Laune. Was 
bleibt also übrig, um den Kanzler in Varzin zurückzuhalten? Etwa der Mangel 
an Genossen für die Sauhatz. Das wäre allerdings Grund genug. Wie 
würde sich aber die Sache stellen, wenn der Kanzler die Initiative zu den 
großen Reformen nicht mehr von andern, wie er es im letzten Frühjahr wollte, 
erwartete, sondern sie selbst ergriffe? Hierzu wäre freilich eine tüchtige Ge- 
sundheit das Haupterfordernis, damit die Nerven durch die unvermeidliche 
Ministerkrise nicht zu sehr angegriffen würden. Wir vermuten fast einen solchen 
Plan beim Kanzler, da nach der Kreuzzeitung“ und nach dem Kommentar der 
hochoffiziösen „Polit. Korr.“ zu der Nachricht, derselben „es gewiß scheint, daß 
Fürst Bismarck seinen vollen Wiedereintritt nur noch von der Beseitigung an- 
geblich katholischer Einflüsse am Hofe abhängig machen willt. 
Streichen wir das Wort „ngeblicht. Denn jene Einflüsse existiren 
wirklich. Für den Fürsten Bismarck wären demnach nur noch die katholischen 
Einflüsse am Hofe im Wege. Wenn es sich nun bestätigt, was wir hören, 
daß Graf Nesselrode, der fanatischste Widersacher Bismarcks und seiner Politik, 
endlich von dem Posten abtritt, auf den ihn hohes Vertrauen mitten in seinen 
Machinationen seit Jahren erhalten hat, so würde der Rückkehr des Kanzlers 
nichts mehr im Wege stehen. Es war Zeit, daß solche Sühne erfolgte. Die 
Nation hat schon zu lange murrend einen Mann wie den Grafen Nesselrode 
an seiner Stelle gesehen und mit Unmut die entgegengesetzten Strömungen in 
unseren höchsten Kreisen bemerkt, und das mitten in einem Kampfe, der das 
ganze Interesse der Nation in Anspruch nimmt. Es soll ihr endlich die ver- 
langte Genugthuung werden, die seitdem, daß es bekannt geworden, daß die 
Gehlsensche Presse bis zu jener hohen Stelle hin ihre materielle und geistige 
Alimentation gefunden, nur um so dringender gefordert wurde."“ 
Noch sei gestattet, darauf hinzuweisen, daß es von Bismarck, der heute 
nach zwanzig Jahren ganz ebenso wie nach dreißig noch so jung ist, daß
	        
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