Von Haus aus war der Finanzminister kein so abgesagter Feind der direkten
Steuern als der Reichskanzler, und jedenfalls prinzipiell ein entschiedener Feind
von Monopolen. Nichtsdestoweniger gelang es dem Ministerpäsidenten, die Zu-
stimmung Camphausens zu seinen Steuerreformplänen im Prinzip fast vollständig
zu gewinnen; denn schließlich erklärte der Finanzminister sowohl im Abgeordneten-
hause wie im Reichstag, er wolle im Wege der indirekten Besteuerung die
Mittel zu gewinnen suchen, um die Lasten bei der direkten Besteuerung zu ver-
mindern, das Reich solle eventuell an die Partikularstaaten Ueberschüsse heraus-
zahlen; nur wolle er die Matrikularbeiträge nicht vollständig abschaffen; sie
sollten aber über diejenige Höhe, welche sie im Jahr 1876 hatten, nicht hinausgehen.
Selbst das Tabakmonopol erhielt in Camphausen einen Verteidiger; er wies im
Reichstag nach, bereits in einem Votum vom 17. Februar 1877 dasselbe im Endziel
als die rationellste und ergiebigste Art der Tabakbesteuerung bezeichnet zu haben.
Anders lag es allerdings um die Ausführung dieses Programms. Im
Jahre 1876 erfolgte nichts zu seiner Verwirklichung.
Am 13. Februar 1877 verlangte Bismarck von Camphausen die Ver-
minderung der Matrikularbeiträge mittelst einer Reform der Zölle und Steuern
des Reichs. Die Erhöhung der bestehenden Zölle und Steuern auf Tabak,
Bier, Zucker und Branntwein schien ihm in erster Linie wünschenswert. 1)
Bismarck und Camphausen einigten sich zunächst darüber, daß die höhere Be-
steuerung des Tabaks, und zwar als letztes Ziel seine höhere Besteuerung im
Wege des Monopols, ins Auge zu fassen sei. Dieser Besteuerungsform sollte
aber eine längere Vorbereitung, ein steuerliches Uebergangsstadium vorausgehen.
Im Verfolg davon äußerte Camphausen dem Kanzler gegenüber den Wunsch,
dem Reichstag einen Gesetzentwurf in Betreff einer Erhöhung der Tabaksteuer
vorzulegen; 2) Bismarck hielt diesen Augenblick jedoch nicht für glücklich gewählt,
er war der Ansicht, man dürfe dem Reichstag mit einer Steuer nicht kommen,
ein damit geschaffenes Provisorium erschwere die Gesamtsteuerreform, zumal es
sich bei dem Tabak um den besten und wesentlichsten Artikel handle, von dessen
Schwimmkraft er hoffe, daß er andere vielleicht mittragen werde.
Gegen Schluß des Jahres 1877 war die Gesamtsteuerreform auch nicht
um einen Schritt weiter gediehen. Camphausen setzte dem stürmischen Drängen
des Reichskanzlers die zähe Ruhe des bequemen Mannes entgegen. Zufrieden
mit der „schönen, unabhängigen Stellung“ eines preußischen Ressortministers,
war er gegen die Not des Reiches ziemlich gleichgiltig und erwiderte die Mah-
nungen und Bitten des leitenden Ministers mit Vorwürfen über den Mangel
an Vertrauen in seine Einsicht und Leistungsfähigkeit. Es war dies der
1) „Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck“ Bd. I. S. 247 ff.
2) Vgl. dessen Erklärungen im Herrenhaus am 17. Febr. 1881 und die „Aktenstücke
zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck“ Bd. I. S. 252 Note 1.
3) Kohl, Bismarckreden Bd. VII. S. 332.