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Zeitpunkt, da Bismarck von dem Finanzminister die Ergreifung einer Initiative
verlangte und mit seinem eigenen Rücktritt drohte, falls er nicht zum Ziele
gelangen sollte. Man wird von dem Verhältnisse, welches zwischen den
beiden Staatsmännern herrschte, kein besseres Bild geben können, als wenn
man dem Leser nachstehend die Korrespondenz unterbreitet, welche damals
zwischen Bismarck und dem Staatsminister v. Bülow über Camphausen ge-
führt wurde.
In einem Schreiben Bismarcks, d. d. Varzin, 21. Dezember 1877, heißt
es: „Der kritische Punkt der Gegenwart ist die Frage des Finanzprogramms.
Da ist es eine vollständige Umkehr der Begriffe, wenn der Finanzminister von
dem Präsidenten ein Programm für das Finanzressort erwartet, nach dessen
Prüfung er sich die Kritik vorbehalten will; umgekehrt liegt die positive Leistung,
die Herstellung eines diskutirbaren Programms, dem Ressortminister ob. Ich
bin als Präsident nicht berufen, Finanzprogramme zu erfinden oder zu ver-
treten, sondern nur dafür verantwortlich, daß der Posten des Finanzministers
in einer der Gesamtpolitik des Ministeriums entsprechenden Weise besetzt sei und
versehen werde. Der Beruf, Finanzprogramme selbst zu entwerfen, und auf
ihre Ausführung zu verzichten oder zurückzutreten, wenn der Finanzminister
ihnen nicht zustimmt, liegt mir nicht ob.
„Ich glaube, wenn Camphausen zugibt, daß wir fünfzig Millionen Mark
mehr brauchen, wie ich glaube, auch wohl hundert, was indessen nur er sachlich
und amtlich beurteilen kann — so kann er darüber nicht zweifelhaft sein, daß
es seine Aufgabe und nicht meine ist, ein Finanzreformprogramm vorzulegen
und dasselbe verantwortlich zu vertreten; daß ich ihm dabei, wenn ich gesund
bin, nach Kräften assistiren werde, ist selbstverständlich, und um so mehr, wenn
ich ihn etwa bei kollegialischer Verhandlung über seine Absichten zu Modifi-
kationen seiner Vorschläge bewogen hätte. Sobald ich seine Reformpläne
kenne, wird mein Votum über dieselben von dem Entgegenkommen geleitet
sein, welches seine Sachkunde und mein kollegialisches Gefühl bedingen. Wenn
aber ein solches Programm gar nicht oder nicht rechtzeitig zur Vorlage kommen
sollte, so werde ich entweder den Ablauf meines Urlaubs ohne Beteiligung am
Reichstag abwarten, oder mich vor dem Reichstag unter Darlegung meiner
vorstehenden Auffassungen auf die Rolle beschränken, die Art. 70 1) dem Reichs-
kanzler zuweist.“
Diese Sprache verfehlte nicht ihre Wirkung. Camphausen sagte bedingungs-
los zu, ein Finanzprogramm zur Vorlage und zur Diskussion zu bringen.
Verständigung darüber und namentlich Durchbringen beim Reichstag würden
immerhin schwierig sein, er wollte aber das Beste hoffen und nahm Bismarcks
1) Der Art. 70 der Reichsverfassung bestimmt, daß die Ausgaben des Reichs event.
mittelst Matrikularbeiträge zu decken sind.