Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Landtags zu einer Aufgabe, ich kann wohl sagen, zu der Entsagung zu Gunsten 
des Reichs zu gewinnen. Es schien also, daß die Sache außerordentlich günstig 
vor etwa drei Jahren lag. Aber ich bin schon damals vertröstet worden mit 
der Inangriffnahme: wenn sie im Sommer geschah, daß das Budget dringender 
zu erledigen sei — wenn sie im Herbst geschah, daß vor allen Dingen das 
Budget bis zum Januar fertiggestellt sein müsse — wenn sie im Januar geschah, 
daß es jetzt fast zu spät sein würde, eine so bedeutende Vorlage zu bringen. 
So bin ich vertröstet und in meinen Anstrengungen und Erwartungen dilatorisch 
behandelt worden in einer Weise, die für mich geradezu persönlich kränkend 
war. Ich hatte die Bewilligung der Sache im Prinzip von meinen Kollegen, 
ich hatte die Bewilligung der Sache im Prinzip vom ganzen Landtage und, 
obschon Ministerpräsident, habe ich mich absolut unfähig finden müssen, die 
Sache auch nur um einen Schritt weiter zu bringen. Die Bewilligung half 
mir gar nichts, wenn im konkreten Fall der passive Widerstand — von welcher 
Seite, ist in dieser verwickelten Maschine kaum zu ermitteln — mit solchem 
Erfolg geleistet wird, daß ich nach zwei oder drei Jahren kaum im stande ge- 
wesen bin, auch nur die Frage, ob und in welcher Form wir das Reich fragen 
wollen und uns vom Reich den wahrscheinlichen Korb in der Sache holen 
wollen, noch gar nicht zur Erörterung im Staatsministerium zu bringen ge- 
wesen ist. Es ist noch nicht gelungen, auch nur annähernd ein Verständnis 
zwischen dem Handelsministerium und zwischen dem Finanzministerium über die 
Schätzung der Gegenstände, über die Summe, die man etwa vom Reich ver- 
langen könnte, und über die Form, in der die Sache zu behandeln wäre, 
innerhalb des preußischen Staatsministeriums zu stande zu bringen. 1) Ich 
kenne diese Summe noch nicht, auch nur annähernd nicht, und es ist mir in 
allen diesen letzten drei Jahren wieder so gegangen, daß ich auf den nächsten 
Herbst vertröstet bin." 
4. Eine Meinungsverschiedenheit zwischen Bismarck und Camphausen bestand 
auch in Bezug auf die Frage der Verbindung der Domänen= und Forstverwaltung 
mit dem landwirtschaftlichen Ministerium. Camphausen war gegen die Abtretung 
der beiden Verwaltungen von seinem Ressort, und mit Rücksicht auf ihn hatte 
Bismarck den Plan bis zum Abgange desselben zurückgelegt. 
Nach Ablehnung der Tabaksteuervorlage (Februar 1878) erbat der Finanz- 
minister Camphausen den Abschied gerade zu der Zeit, da er sich nicht gescheut 
hatte, sein Einverständnis mit dem letzten Steuerideal des Kanzlers im Reichs- 
tag offen und mannhaft zu bekennen. 
Bismarck hat sich schließlich von Camphausen schwer getrennt und nicht 
sofort bei dem ersten Zeichen des Unmutes die Hand geboten, daß sein Abschied 
1) Vgl. die „Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck“ Bd. I. S. 232, 
Note 2 (Schreiben Camphausens vom 17. Febr. 1877).
	        
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