Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

Meinungsverschiedenheiten waren übrigens bereits in einigen anderen Fragen 
vorangegangen, die das Verhältnis zwischen dem Kanzler und dem Minister 
des Innern erkältet hatten. Doch war Eulenburg am 3. Oktober 1880 noch 
ein zweitesmal in Friedrichsruh gewesen, um über eine die Verwaltungsreform 
in Preußen betreffende Frage mit dem Kanzler zu verhandeln. ) 
Ueber die Vorgänge, die am 19. Februar 1881 das Entlassungsgesuch 
des Grafen Eulenburg herbeiführten,:) hat weder dieser noch, abgesehen von 
der Rede im Herrenhause am 21. Februar 1881, Bismarck sich jemals näher 
1) Auf diesen Besuch bezieht sich das folgende Entrefilet der „Nordd. Allg. Ztg.“ 
Nr. 475 v. 11. 10. 80: „An einen kürzlichen Besuch des Ministers des Innern in Friedrichs- 
ruh knüpfen liberale Zeitungen Kommentare in ihrer Art, im besonderen schreibt die Vossische 
Zeitung", Graf zu Eulenburg sei am Sonntag einige Stunden lang der Gast des Reichskanzlers 
in Friedrichsruh gewesen, um Meinungsverschiedenheiten wegen der für die nächste Landtags- 
session vorbereiteten Kreisordnungsentwürfe für Posen, Hannover und Schleswig-Holstein, 
welche dem Fürsten zu liberal erschienen, auszugleichen. In dieser Behauptung liegt aber 
wieder nur eine jener Liebenswürdigkeiten vor, in denen die Fortschrittspresse gegen den 
Reichskanzler nie ermüdet. Von mehr oder weniger Liberalismus in den fraglichen Kreis- 
ordnungsentwürfen ist überhaupt nicht die Rede gewesen, sondern lediglich von der formalen 
Behandlung der resp. Vorlagen.“ 
2) Zu vgl. darüber die „Post“ Jahrg. 1881 Nr. 53, 55, 56, 59, 89, „Nat.-Ztg.“ 
Nr. 86 v. 21. 2. 81, „Fürst Bismarck im Staatsministerium“ in der „Deutschen Revue“ 
VI. Jahrg. (1881) II. Quartalband S. 1 bis 7, ein Artikel, der nicht als einwandfrei 
bezeichnet werden kann. In der Schrift „Unsere Minister“ wird der Vorgang wie folgt 
dargestellt: „Bismarck und Eulenburg waren darüber materiell einig, daß es ein Un- 
ding sei, daß eine kollegialische Selbstverwaltungskörperschaft die staatliche Aufsicht führe. 
Der Minister des Innern nahm sich der im entgegengesetzten Sinne beschlossenen Ab- 
änderung des Abgeordnetenhauses nur an, um das Gesetz zu stande zu bringen, und weil 
bereits die Abänderung des Abgeordnetenhauses eine bestehende Kreisordnungsbestimmung 
war. Fürst Bismarck stimmte ganz ebenso und aus denselben Gründen dem liberalen 
Amendement zu, behielt sich aber im Hinblick auf künftige Vorlagen das Recht seiner ent- 
gegengesetzten Ueberzeugung vor. Am Tage vor der Beratung der betreffenden Vorlage 
im Herrenhause erschien der Geheimrat Tiedemann bei Eulenburg und fragte diesen im 
Auftrag Bismarcks, ob nicht die Minorität des Ministeriums ihr Votum im Herrenhause 
gegen die Majorität des Ministeriums vertreten könnte. Eulenburg erklärte, er werde das 
Majoritätsvotum vertreten, und überlasse es dem Fürsten Bismarck, weitere Schritte zu 
thun. Der Geheimrat Stüve vom Handelsministerium erhielt den Auftrag, ein ihm 
vom Reichskanzler übergebenes Schreiben vorerst zur Kenntnis des Ministers des Innern 
zu bringen. Stüve ersuchte den Präsidenten des Herrenhauses, ihm zu einer Mitteilung 
des Reichskanzlers an das Haus das Wort zu erteilen. Da er indessen nicht als 
Regierungskommissar für die Sitzung angemeldet war, konnte dem nicht stattgegeben 
werden. Darauf wandte sich Herr Stüve an seinen Kollegen, Herrn Rommel, mit dem 
Ersuchen, sich an seiner Stelle der ihm gewordenen Aufgabe zu unterziehen. Demgemäß 
trat nunmehr der Geheimrat Rommel an den Minister des Innern heran, teilte ihm das 
Schreiben des Reichskanzlers mit und bemerkte, daß er dasselbe zur Kenntnis des Hauses 
zu bringen habe. Graf Eulenburg erklärte darauf, sehr befremdet, wie man sagt: Erst 
werde ich sprechen, und dann können Sie sich Ihres Auftrags entledigen.“ Nach der Sitzung
	        
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