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würden durch die Ausführung des Entschlusses, den Ew. Excellenz zu meinem
Bedauern kundgeben, wesentlich gesteigert werden; die Versuchung, mich denselben
auch meinerseits durch den Rücktritt aus dem Dienst zu entziehen, wird dadurch
gesteigert. Das Gefühl, Sr. Majestät dem König Verlegenheiten zu ersparen,
und die Ueberzeugung, daß ein Minister nicht bloß für seine Amtsführung,
sondern auch für seinen Rücktritt und dessen Folgen eine Verantwortlichkeit
trägt, halten mich bisher in meiner Stellung, können mir aber die schwindenden
Kräfte nicht ersetzen, und ich habe schließlich doch nicht allein die Verpflichtung,
dafür aufzukommen, daß die Kontinuität der gegenwärtigen Regierung erhalten
werde. Meine Privatverhältnisse machen es mir von Jahr zu Jahr dringlicher,
mich, wenn nicht ausschließlich, doch mehr als bisher mit meinen eigenen An—
gelegenheiten zu befassen, und mit der wachsenden Stärke der dem Staat und
seiner Regierung entgegenstehenden Parteien und ihrer Anstrengungen wächst
auch die Arbeit meiner ministeriellen Stellung und vermindert sich die Möglich-
keit, meine eigenen Geschäfte im Auge zu behalten. Ich bin auch, wenn ich
zurücktrete, gegen den Vorwurf gesichert, daß ich dem Dienst des Vaterlandes
meine Schuld nicht bezahlt hätte. Dem Bedürfnis nach Wiedererlangung meiner
Freiheit steht außerdem die steigende Notwendigkeit, meiner Gesundheit zu leben,
zur Seite. In dieser meiner Situation bin ich noch mehr als früher auf die
Unterstützung der Kollegen angewiesen, und wenn Ew. Excellenz mir die Ihrige
entziehen, so kann dieses für mich unerwartete Ergebnis auch nicht ohne Einfluß
auf meine Entschließung bleiben. Sie sagen, daß Sie Ihre amtliche Leistung
gering anschlagen, aber ich glaube, Sie unterschätzen dieselbe. Es kommt in
Ew. Excellenz Stellung gar nicht darauf an, daß Sie in die Details der Geschäfte
regelmäßig eingreifen; es kommt vielmehr darauf an, ob das Gewicht Ihrer
Persönlichkeit und Ihrer Stellung im Lande in die Wagschale des Ministeriums
gelegt wird oder nicht, sowohl dem Lande gegenüber als auch in der Vertretung
unserer Politik bei Sr. Majestat dem König. Ich habe manche Kollegen im
Staatsministerium gehabt, welche bei ununterbrochener eigenhändiger Beteiligung
an den laufenden Geschäften dennoch in langjähriger Amtsthätigkeit dem Lande nicht
dieselbe Summe von Diensten geleistet haben, wie Ew. Excellenz allein in der
Zeit des Oktobers v. J. In diesen und andern Vorkommnissen von politischem
Schwergewicht, wie die kirchliche Gesetzgebung, die Reformen unseres Steuer-
wesens, kurz, in allen größeren prinzipiellen Fragen ist das Gewicht Ihres
Namens und Ihrer Person nicht so leicht zu ersetzen, wie Sie annehmen.
Ew. Excellenz werden mir darin recht geben, wenn Sie auch nur den Versuch
machen wollten, den Nachfolger zu nennen, den ich dem Könige vorschlagen
könnte. Der Versuch, ähnlich wie früher zur Zeit Camphausens, einem der
andern Minister die Vertretung im Präsidium zu übertragen, würde, wie ich
fürchte, sofort weitere Personalkrisen im Gefolge haben. Gleichgiltig, auf welchen
von unseren Kollegen die Allerhöchste Wahl fiele: die Ernennung des einen