Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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würde, wie ich fürchte, mit Sicherheit den Austritt anderer zur Folge haben. 
Ich bin Ew. Excellenz aufrichtig dankbar für das freundliche Wohlwollen und 
die Offenheit, welche auch aus dieser für mich nicht erfreulichen Mitteilung zu 
mir sprechen, und in Rechnung auf diese Gefühle hoffe ich keine Fehlbitte zu 
thun, wenn ich Ew. Excellenz dringlich ersuche, wenigstens in diesem Augen— 
blick keinen Entschluß zu fassen und denselben wenigstens bis nach persönlicher 
Rücksprache zwischen uns zu verschieben. Es liegen augenblicklich nur solche 
Geschäfte vor, welche sich durch schriftliches Votum abmachen lassen, wie 
namentlich die Herstellung der Vorlagen für den Landtag, und diese, soweit 
Ew. Excellenz sie den Ressortministern nicht anheim geben wollen, lassen sich 
auf dem Wege der Korrespondenz erledigen, so daß ich mir mit der Hoffnung 
schmeichle, daß Sie selbst auf die Entscheidung nicht drängen werden. Wenn 
Ew. Excellenz dabei, wie Sie sagen, die persönliche Freudigkeit fehlt, so kann 
ich Ihnen das sehr nachempfinden; ich kenne dies Gefühl seit fast zehn Jahren 
nicht mehr, sondern nur das der Pflicht gegen Gott und Menschen, und zwar 
einer Pflicht, die ich nicht mit Liebe zur Sache erfülle, sondern unter dem 
Zwange meines eigenen Gewissens. Die Kämpfe, deren ununterbrochene Kette 
bei uns ein ministerielles Leben bildet, können nach meiner Erfahrung eine 
wahre Freude an der ministeriellen Wirksamkeit nur bei den Naturen aufkommen 
lassen, die in der Stellung an sich Befriedigung finden, die ein Kampf nicht 
gewähren kann, in dem man des definitiven und dauernden Erfolges niemals 
sicher ist. In der Hoffnung, daß meine Bitte Ew. Excellenz mindestens zu 
einer Vertagung Ihres Entschlusses bewegen werde, bin ich mit der auf- 
richtigsten 2c. 2c. 
v. Bismarck.“ 
Replik des Grafen Stolberg. 
„Ew. Durchlaucht gefälliges Schreiben vom 10. d. M. habe ich heute 
früh zu erhalten die Ehre gehabt. Indem ich zunächst meinen Dank für die 
gütige Art ausspreche, mit welcher Sie meine frühere Mitteilung ausgenommen 
haben, und indem ich mir vorbehalte, auf die einzelnen Ausführungen des 
geehrten Schreibens eventuell später zu antworten, beeile ich mich heute, Ew. 
Durchlaucht ganz ergebenst in Kenntnis zu setzen, daß ich Ihrem Wunsche 
gemäß von der Ausführung meines Wunsches, zurückzutreten, für jetzt absehe. 
Mit dem wiederholten Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung bin ich 
Ew. Durchlaucht ganz ergebenster 
Otto Graf zu Stolberg.“ 
Es bedurfte im Sommer 1881 erneuter Vorstellungen des Grafen, um 
endlich Gehör zu finden. Am 21. Juni 1881 publizirte der Reichsanzeiger das
	        
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