Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß Bismarck bei dieser 
Gelegenheit den Antrag, betreffend die reichsgesetzliche Regelung des Eisenbahn- 
Gütertariswesens, vom 7. Februar 1879 besprach, womit er den Minister 
Maybach, wie oben mitgeteilt wurde, so sehr überraschte, daß dieser überlegte, 
ob er nicht seine Entlassung zu nehmen habe. 
Körtes dienstliche Stellung im Reichs-Eisenbahn-Amt war eine epinöse, 
die ihm eine volle Befriedigung nicht gewähren konnte. Dies hing mit der 
Stellung zusammen, welche der Minister Maybach dem Reichs-Eisenbahn-Amte 
nach seiner Uebernahme des preußischen Eisenbahnministeriums anzuweisen be- 
liebte. Er selbst hatte sich in dem machtlosen Reichs-Eisenbahn-Amte nicht gefallen 
und sich nach der preußischen Eisenbahnverwaltung zurückgesehnt, sobald ihm 
klar geworden war, daß aus dem Reichs-Eisenbahnprojekte doch nichts werden 
würde. Die Verstaatlichung der preußischen Bahnen war alsdann das Wasser auf 
seine Mühle; sie brachte ihm eine Fülle von Macht bis in die letzten Eisenbahn- 
winkel hinein. Seitdem er in Preußen der Eisenbahnkönig war, interessirte ihn 
das Reichs-Eisenbahnwesen weniger, jetzt wollte er gar kein mächtiges Reichs- 
Eisenbahn-Amt mehr. Fügte sich schon ein Bismarck der Sachkunde Maybachs, 
wie sollte der Präsident des Reichs-Eisenbahn-Amts es wagen können, ihm 
gegenüber eine selbständige Eisenbahnpolitik zu verfolgen? So blieb denn nichts 
übrig, als diese Stelle überhaupt nicht definitiv zu besetzen und die kommissarische 
Vertretung der Präsidentenstelle durch einen Geheimen Rat war das natürliche 
Aushilfsmittel. Dem Ideal entsprach ein solches Verhältnis nun allerdings 
nicht. 1) Es war etwa so, als ob man das Reichsschatzamt kommissarisch mit 
einem Geheimen Rat des preußischen Finanzministeriums besetzen wollte. Als 
die Amtsthätigkeit Körtes zu Ende ging — er hatte längst die schlechte Be- 
handlung durch Maybach satt, der ihm konsequent den Titel „Präsident“ vor- 
enthielt — dachte Bismarck eine Zeit lang daran, den Staatssekretär des Innern 
zum Leiter des Reichs-Eisenbahn-Amts zu machen, also zwischen diesem Amte 
und dem Reichsamt des Innern eine Art Personalunion herzustellen. Allein 
auch hierauf ging der Minister Maybach nicht ein, der zum Kanzler sagte: 
„Entweder müssen Sie mir die Sache ganz anvertrauen oder dieselbe von 
drüben aus besorgen lassen; in letzterem Falle bin ich überflüssig.“ Am meisten 
konnte Herr v. Boetticher sich gratuliren, daß dieser Kelch an ihm vorüber gegangen 
war; ein Konflikt mit Maybach wäre ihm sicher nicht erspart geblieben. 
So wurde denn nach Abgang Körtes das bisherige Verhältnis noch kurze 
Zeit beibehalten, indem der dem Minister Maybach nahestehende Geheime Ober- 
Regierungsrat Dr. Schulz mit der kommissarischen Leitung betraut wurde. 
Körte war nach seinem inneren und äußeren Berufe Jurist und für kühne 
1) An der Spitze des Reichs-Eisenbahn-Amts müßte gerade ein Mann stehen, der den 
Mut hat, nötigenfalls auch mit Preußen anzubinden.
	        
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