Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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schilderte er denselben zu deren Ueberraschung!) die peinliche Scene, die sich am 
vorhergehenden Abend im Kanzlerpalais abgespielt hatte. Rudhart fügte bei, 
er habe nach der ihm zu teil gewordenen Behandlung sofort in München um 
seine Entlassung gebeten, da es ihm nicht mehr möglich sei, mit dem Kanzler 
dienstlich zu verkehren; deshalb bat er auch die beiden Bevollmächtigten Herrmann 
und Schmidtkonz, heute ihn in der Ausschußsitzung zu vertreten. 
Am 7. Mai 1880 erzählte man sich in Bundesratskreisen, der bayerische 
Gesandte v. Rudhart werde sein Gesuch um Abberufung von hier erneuern, 
falls der König ihn bestimmen sollte, von seinem Gesuche abzustehen. Später 
meldete die „Köln. Ztg.“ folgendes: „Herr v. Rudhart hat allerdings über 
den auffallenden Vorgang in der Abendgesellschaft des Reichskanzlers sofort 
nach München berichtet, aber sein Bericht endigte mit keinem Entlassungsgesuche, 
sondern mit dem Dilemma, entweder billige die bayerische Regierung sein 
Verfahren nicht, und dann bäte er um eine anderweitige Bestimmung, oder sie 
sei mit ihm einverstanden, und dann dürfe er hoffen, daß seine Regierung ihn 
verteidigen werde.“ Wie dem auch sei — Thatsache ist: Rudhart setzte keinen 
Schritt mehr in den Bundesrat, nahm vielmehr bald Urlaub und traf erst 
nach Ablauf eines halben Jahres am 13. November 1880 wieder aus München 
in Berlin ein, um sein Abberufungsschreiben zu überreichen. Diese Formalität 
vollzog sich am 16. November unter gleichzeitiger Verleihung des Kronen-Ordens 
I. Klasse. Eine weitere Aufmerksamkeit wurde dem scheidenden Gesandten 
dadurch zu teil, daß der Kaiser sich am 18. November zwischen 2 und 3 Uhr 
im Kaiserhof anmelden ließ, um Frau v. Rudhart einen Besuch abzustatten. 
Rudhart kam demnächst als bayerischer Gesandter nach Petersburg, von 
keinem sehnlicheren Wunsche beseelt als dem, die nächste in Rom frei werdende 
bayerische Gesandtschaftsstelle zu erlangen. Als dieselbe nicht ihm sondern 
seinem Petersburger Gesandtschaftssekretär verliehen wurde, war er tiefbetrübt. 
Auf dem Wege von der Eisenbahn nach erfolgter Verabschiedung von dem nach 
dem Süden reisenden Freiherrn v. Tautphoeus wurde er von einem Schlag- 
anfall getroffen, von dem er sich nicht mehr erholen konnte. 
Ober-Regierungsrat Freiherr v. Raesfeldt?) 
(geboren 2. Februar 1835) 
wurde am 1. November 1877 zum stellvertretenden Bevollmächtigten und 1879 
zum wirklichen Bevollmächtigten zum Bundesrat ernannt; bald darauf zum 
1) Regierungsrat Herrmann und Ober-Zollrat Schmidtkonz wußten noch nichts von 
dem Vorgefallenen, da infolge eines neuerdings eingetretenen Brauchs die stellvertreten- 
den Bevollmächtigten zum Bundesrat nicht mehr zu den parlamentarischen Soiréen des 
Kanzlers geladen zu werden pflegten. 
2) Ferdinand Freiherr v. Raesfeldt widmete sich, nachdem er im Jahre 1856 das 
Studium der Rechte an der Universität München absolvirt und 1858 die praktische Konkurs-
	        
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